Anton Mattle hat eine undankbare Aufgabe an der Spitze der Tiroler Volkspartei übernommen. Doch die Konkurrenz sollte den erfahrenen Krisenmanager nicht zu früh abschreiben.

Foto: Florian Lechner

Innsbruck – Als Anton Mattle am Samstag sein Team in Galtür auf den nun startenden Intensivwahlkampf eingeschworen hat, musste er gleich dem Slogan auf seinen Plakaten gerecht werden. "Wetterfest" prangt da in riesigen Lettern. Ob das eine Anspielung auf den Gegenwind seitens der Mitbewerber ist oder ob damit eher die eigene Partei gemeint ist, die ihre Nummer eins ziemlich im Regen stehen lässt, bleibt offen. Jedenfalls bekommt Mattle derzeit einiges ab. "Himmelfahrtskommando Landeshauptmannsessel" beschrieb die APA seine undankbare Aufgabe.

Der neue ÖVP-Landeschef muss viel einstecken, obwohl er gar nicht der ursächlich Schuldige ist. Der scheidende Landeshauptmann Günther Platter hat Mattle eine zerstrittene Partei im historischen Umfragetief hinterlassen. Von 44 Prozent bei der Landtagswahl 2018 droht am 25. September ein Absturz auf unter 30 Prozent. Die ÖVP-Bundespartei tat mit einer Reihe von Skandalen das ihre zur desaströsen Ausgangslage, in der sich die ÖVP in Tirol derzeit befindet.

Partner werden zu Gegnern

Und aus Partnern werden im Wahlkampf Gegner. Erst am Montag teilten die Grünen, seit neun Jahren Junior an der Seite der ÖVP in Tirols Landesregierung, anlässlich ihres Wahlkampfstarts ordentlich in Richtung ihres Regierungspartners aus. Die Schwarzen seien schuld am Stillstand im Land, hätten stets blockiert. Doch ganz so war das nicht. Denn erst im Mai dieses Jahres hat beispielsweise die schwarz-grüne Regierung im Tiroler Landtag über einen Antrag der Opposition, Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung einzuführen, abgelehnt. Seit vergangener Woche fordert nun auch die ÖVP einen solchen Rechtsanspruch und am Montag erklärten die Grünen den "Rechtsanspruch auf kostenlose Betreuung" gar zur Koalitionsbedingung.

Intern muss Mattle auch einigen Gegenwind aushalten. Vor allem seine frühzeitige Absage an eine Zusammenarbeit mit der FPÖ, die er wegen Bundesparteiobmann Herbert Kickls leugnenden Aussagen zum Klimawandel nicht mehr als Regierungspartner erachtet, stoßen auf wenig Verständnis bei vielen Schwarzen, die nun von rechts querschießen. So wie die Spitzenkandidatin im Bezirk Kufstein, Astrid Mair, die am Sonntag ausritt, um die "sofortige Überarbeitung" der Auszahlung des Klimabonus zu fordern. Denn es dürfe nicht sein, dass Asylwerber diesen auch erhalten. Mattle kommentierte das nur kurz: Es sei zu prüfen, auch bei Häftlingen.

FPÖ sägt schon an Mattles Stuhl

Die FPÖ wiederum rief das "Duell um Tirol" mit Mattle aus. Denn FPÖ-Obmann Markus Abwerzger stellt nun – beflügelt von guten Umfragewerten – erstmals den Anspruch, selbst Landeshauptmann werden zu wollen. Von Mattles Absage an seine Partei hält er wenig. Abwerzger ist überzeugt, dass an der Spitze der Tiroler ÖVP nach dem Wahltag nicht mehr Mattle, sondern einer seiner parteiinternen Konkurrenten stehen wird. Und zur "zweiten und dritten Reihe" pflege er gute Kontakte, wie er sagt. Weil man dort anders über eine Koalition mit den Blauen denke als Mattle.

Der Dritte, der den Anspruch auf den Landeshauptmann stellt, ist SPÖ-Spitzenkandidat Georg Dornauer. Er will das Feld nicht kampflos ÖVP und FPÖ überlassen, die Umfragen sehen die Roten etwa gleich auf mit den Blauen bei rund 20 Prozent. Dornauer will "deutlich mehr" als das und leitet aus diesem Wunschergebnis einen Anspruch auf den Landeschefsessel ab.

SPÖ will nur mit der ÖVP

Was Koalitionen angeht, ist der SPÖ-Chef flexibler als der Rest. Hieß es anfangs noch, die Roten seien offen gegenüber den Blauen, so schloss Dornauer eine Zusammenarbeit mit der FPÖ vergangene Woche ebenfalls aus. Und er werde auch nicht für eine Dreierkoalition zur Verfügung stehen. Das heißt nun aber, dass die SPÖ nur mit der ÖVP will, eine andere Zweiervariante wird sich nicht ausgehen, wenn die Blauen kein Thema für ihn sind.

Am Ende könnte Mattle, der im Gegensatz zur ÖVP als Person über die Parteigrenzen hinweg sehr geschätzt wird, als Überraschungssieger aus alldem hervorgehen. (Steffen Arora, 6.9.2022)