Das neue Schuljahr beginnt ohne Teststrategie.

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Wien – Ohne jegliche behördliche Präventionsmaßnahmen wegen Corona hat am Montag im Osten Österreichs das neue Schuljahr begonnen. Lediglich in Wien wurde empfohlen, Kinder und Jugendliche vor dem ersten Schultag einem PCR-Test zu unterziehen, um erste Infektionsketten zu verhindern – im Rahmen der für alle Altersgruppen offenen Aktion "Alles gurgelt" der Firma Life Brain.

Schul-PCR-Tests hingegen, wie sie in den vergangenen Semestern ein- oder mehrmals pro Woche durchgeführt wurden, gibt es heuer bis dato nicht. Und zwar nicht hauptsächlich aus mangelnder Notwendigkeit, weil sich das Coronavirus nach der Sommerwelle vorübergehend etwas weniger zu verbreiten scheint.

Auftrag von bis zu 930 Millionen Euro

Sondern weil es schlicht nicht gelungen ist, die Ausschreibung mit einem Volumen von insgesamt rund 930 Millionen Euro für die bundesweit täglich bis zu 1,2 Millionen Tests rechtzeitig über die Bühne gehen zu lassen. "Wären wir jetzt inmitten einer Welle, könnten keine PCR-Schultests durchgeführt werden", sagt Life-Brain-Geschäftsführer Michael Havel.

Besagte Ausschreibung der Bundesbeschaffungs GmbH (BBG) startete im Juni des aktuellen Jahres – für das kommende Schuljahr recht spät. Sie war in fünf Slots aufgeteilt. Vier Slots umfassten je zwei Bundesländer, der fünfte beschränkte sich auf Wien. Jeder Slot wurde einzeln entschieden, doch im Endeffekt war bei allen ein einziger Bieter siegreich: die Firma Covid Fighters mit Sitz im niederösterreichischen Göstling an der Ybbs, die damit für die Schul-PCR-Test in ganz Österreich zuständig ist.

Life Brain gegen Covid Fighters

Diesen riesigen Auftrag könne Covid Fighters unmöglich stemmen, heißt es bei Life Brain: Die von Covid Fighters angegebenen Testkapazitäten würden vielleicht für einzelne Slots, aber nicht für alle zusammen reichen. Covid-Fighters-Geschäftsführer Boris Fahrnberger widerspricht. "Wir bauen derzeit im ehemaligen Herold-Verlagsgebäude in Mödling ein Labor auf und suchen Mitarbeiter."

Tatsächlich sind auf der Covid-Fighters-Homepage in diesen Tagen eine Reihe Stellenannoncen für Ärztinnen und Laborpersonal zu finden. Im Fall einer neuerlichen Corona-Welle werde man sie rechtzeitig einschulen und das Labor aktivieren, betont Fahrnberger.

Alles für einen

Bei Life Brain und der Bietergemeinschaft Procomcure/Tauernkliniken sieht man das anders. Beide Firmen sind beim Bundesverwaltungsgericht (BVwG) gegen die Slot-Entscheidungen vorgegangen, Life Brain in vier, Procomcure/Tauernkliniken in zwei Fällen. Erfolg hatten sie nicht: In der diesbezüglich letzten offenen Causa entschied das BVwG vergangenen Freitag, dass auch die PCR-Schultests in Kärnten und der Steiermark von Covid Fighters durchgeführt werden sollen.

Von der Bundesbeschaffungs GmbH kam dazu unter Hinweis auf "offene Verfahren" kein Kommentar, auch im Unterrichtsministerium gab es keine Auskünfte. Insgesamt reihen sich die diesjährigen Schul-PCR-Test-Ausschreibungs-Wirren jedoch nahtlos in die bisherige Pannenserie um die von der öffentlichen Hand bezahlten Corona-Tests ein.

Schon bisher Verwerfungen

So ging bereits im Jänner 2022 der ursprünglich der Firma Covid Fighters zugeschlagene Auftrag für Schul-PCR-Tests in Wien, Nieder- und Oberösterreich nach Kapazitätsproblemen an Procomcure/Tauernkliniken über. In der Folge kämpfte aber auch Procomcure/ Tauernkliniken mit massiven Datenbankproblemen, Testergebnisse wurden außerhalb Wiens zu spät oder gar nicht zugestellt. Ende Jänner wurde die Republik wegen der fehlerhaften Ausschreibungen zu 500.000 Euro Strafe verurteilt. (Irene Brickner, 6.9.2022)