Cannabis ist nach Alkohol und Nikotin die weltweit am dritthäufigsten konsumierte Droge – und hierzulande wohl die am heftigsten diskutierte. Dazu hat auch die Wissenschaft maßgeblich beigetragen. So reihte der britische Pharmakologe David Nutt in seinen nicht unumstrittenen Rankings der schädlichsten Drogen Cannabis deutlich hinter Alkohol und Nikotin, die im Gegensatz zu Cannabis laut Suchtmittelgesetz nicht verboten sind.

Dass diese Droge in Sachen Gefährlichkeit besser abschneidet, liegt zum einen daran, dass Cannabis im Vergleich zu Alkohol und Nikotin weniger schnell und stark süchtig macht. Zum anderen schneidet es bei den Opferzahlen ebenfalls klar besser ab; direkte Todesfolgen infolge des Konsums sind so gut wie unbekannt. Wissenschaftlich unbestritten ist aber auch, dass sich langjähriger Cannabiskonsum nicht unbedingt positiv auf bestimmte kognitive Funktionen auswirkt.

"The Dude" und "Stoner-Sloths"

Als weitere typische Folge von Cannabiskonsum gilt Lethargie und Antriebslosigkeit – jedenfalls in Darstellungen, die aus dem Kino und dem Fernsehen bekannt sind. Prototypisch dafür ist "The Dude" in "The Big Lebowski", quasi der Inbegriff des arbeitsscheuen und antriebslosen Kiffers.

"Alle sagen, ich bin ein fauler Sack ... und sie haben recht." Der Kultfilm wirbt damit, dass der "Dude" der trägste Mensch in Los Angeles sei.
Foto: Universal

Man kann es aber auch übertreiben: In einer eher misslungenen Kampagne der australischen Regierung im Jahr 2015 wurden junge Kiffer als Faultiere ("stoner-sloths") dargestellt. Die unfreiwillig komischen Clips entfalteten eine eher gegenteilige Wirkung und hatten vor allem zur Folge, dass die Popularität der Faultiere weiter stieg.

The Young Turks

Dennoch meint Martine Skumlien: "Wir sind so sehr daran gewöhnt, 'faule Kiffer' auf unseren Bildschirmen zu sehen, dass wir nicht mehr darüber nachdenken, ob dies eine angemessene Darstellung ist." Die Doktorandin an der Universität Cambridge ging deshalb gemeinsam mit einem größeren Team ihrer Universität der Frage nach, ob Kiffen tatsächlich zu Lethargie und anderen Formen der Lust- und Antriebslosigkeit führt.

Zwei nüchterne Vergleichsgruppen

An der Studie, die im "International Journal of Neuropsychopharmacology" veröffentlicht wurde, nahmen 274 jugendliche und erwachsene Cannabiskonsumenten teil, die in den letzten drei Monaten mindestens einmal und im Schnitt viermal wöchentlich die Droge konsumiert hatten, sowie eine Kontrollgruppe von Nichtkonsumenten, die hinsichtlich Alter und Geschlecht gleich zusammengesetzt war.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die während der Studie allesamt nüchtern waren, mussten Fragebögen ausfüllen, um so den Grad der Anhedonie (Freudlosigkeit) und der Apathie zu messen, also etwa, wie gerne sie mit Familie und Freunden zusammen sind oder wie wahrscheinlich es ist, dass sie eine Aufgabe bis zum Ende durchziehen.

Wenige Unterschiede

Die Kifferinnen und Kiffer schnitten bei der Anhedonie etwas schlechter ab als Nichtkonsumenten, die sich beim Amüsieren mithin leichter tun dürften. Doch bei der Apathie gab es keinen Unterschied. Die Forschenden fanden auch keinen Zusammenhang zwischen der Häufigkeit des Cannabiskonsums und Apathie oder Anhedonie bei den Personen, die kifften. In einer Anfang des Jahres veröffentlichten Arbeit fand das Team bei den beiden Gruppen zudem keinen Unterschied in den Belohnungsmechanismen im Gehirn.

Aufgrund der Nüchternheit der Testpersonen während der Studie konnten die Forschenden allerdings nicht ausschließen, dass die Motivation der Menschen nachlässt, wenn sie unter dem Einfluss der Droge stehen. Deshalb wird dieser Frage in der nächsten Phase der groß angelegten Untersuchung nachgegangen.

Stereotyp mit Folgen

Für die aktuelle Studie resümiert Skumlien, dass wir wohl mit dem Stereotyp vom faulen, antriebslosen Kiffer aufräumen sollten, denn es sei stigmatisierend und könnte so berechtigte Botschaften in Sachen Cannabiskonsums untergraben: "Wir müssen ehrlich und offen darüber sprechen, was die schädlichen Folgen des Drogenkonsums sind und was nicht."

Der Konsum ist jedenfalls im Steigen, zumal unter jungen Erwachsenen und auch in den USA, wie ein gerade veröffentlichter Bericht zeigt. Dort gaben fast 43 Prozent aller Befragten zwischen 19 und 30 an, in den letzten zwölf Monaten Marihuana konsumiert zu haben. Vor zehn Jahren waren es gerade einmal 29 Prozent. (tasch, 7.9.2022)

Mai-Thi Nguyen-Kim hat auf rund 20 Minuten alles wissenschaftlich Relevante über Cannabis ausgewogen zusammengefasst.
maiLab