Laut Innenminister Karner müsse man angesichts der steigenden Ankünfte von Geflüchteten und Migranten in Österreich gewappnet sein.

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Gries am Brenner / Wien – ÖVP-Innenminister Gerhard Karner sieht den Schwerpunkt der gestiegenen Migration nach Österreich zwar weiter im Osten des Landes, ortet aber auch verstärkten Druck auf die westlichen Bundesländer beziehungsweise auf die Brennerroute. Die steigenden Zahlen im Osten über die Balkanroute, vor allem im Burgenland, hätten auch "Auswirkungen auf den Westen", sagte Karner am Dienstag bei einer Pressekonferenz am Brenner.

Die Asylantragszahlen würden zwar noch nicht in der Größenordnung steigen wie im Osten, aber auch in den westlichen Bundesländern verzeichne man "deutlich steigende Zahlen", erklärte der Minister. Schließlich würden auch aus Lampedusa wieder verstärkt Anlandungen gemeldet. Deshalb müsse man auch in Bezug auf den Brenner "sensibel sein" und die Tendenzen "genau beobachten". Von einem möglichen Anstieg an ankommenden Geflüchteten und Migranten wie im Jahr 2015 wollte Karner nicht sprechen, man müsse aber gewappnet sein und sei es auch – dies sei der Unterschied zur Situation damals. "Registrierung und Erfassung" nannte der Minister dabei als Schlagworte.

Karner: Keine Chance für Inder, Marokkaner oder Tunesier

Man habe es heuer mit um bis zu 200 Prozent gestiegenen Asylantragszahlen zu tun, wiederholte der Innenminister die Zahlen, um die notwendige Wachsamkeit zu verdeutlichen, sowie Maßnahmen, die damit einhergehen müssten. Rund 42.000 Asylanträge verzeichnete man von Jänner bis Juli österreichweit, davon über 30.000 allein im Burgenland. Viele, die über die Balkanroute und mithilfe von Schleppern nach Österreich kommen, hätten keine Chance, hier Asyl zu erhalten. Indische, marokkanische oder tunesische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger würden zu 85 bis 90 Prozent über diese Route kommen.

Auch der ebenfalls beim Pressegespräch anwesende, scheidende Tiroler Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) mahnte, wachsam zu sein. Die Situation sei zwar nicht mit 2015 oder 2016 vergleichbar, aber erfahrungsgemäß habe steigender Migrationsdruck auf der Balkanroute auch Auswirkungen auf den Brenner.

8,6 Millionen Euro für Grenzmanagementzentrum

Der eigentliche Grund für Karners und Platters Zusammenkunft war am Dienstag aber die Besichtigung des sich im Bau befindlichen "Grenzmanagementzentrums" am Brenner – oder des "Kooperationszentrums", wie es Karner ausdrückte. Anfang 2024 soll dieses in Betrieb gehen, derzeit arbeite man noch mit einer "Containerlösung". Die 8,6 Millionen Euro teure Sicherheitsinfrastruktur, bei der Innenministerium und Land kooperieren, soll vor allem eine zentrale Rolle im Kampf gegen die illegale Migration und das "Schlepperunwesen" spielen.

"Ausgleichsmaßnahmen" für Grenzkontrollen sollen durchgeführt werden – etwa im Bereich der Schleierfahndung sowie Zivil- und Katastrophenschutz. Auch der "krimimalpolizeilich-taktische" Aspekt soll laut Karner abgedeckt werden. Zu 90 Prozent wird das Gebäude direkt an der Grenze von der Polizei genutzt werden, zu zehn Prozent vom Land Tirol.

Das Treffen Karners mit Platter, früher selbst Innenminister, fiel mitten in die heiße Phase des Tiroler Landtagswahlkampfs. Damit in Verbindung gebracht wollte Platter das Pressegespräch nicht wissen. Er sehe hier eine "klare Abgrenzung". Den Wahlkampf führe der ÖVP-Spitzenkandidat Anton Mattle mit seinen Kandidaten. "Und meine Aufgabe ist die Regierungsaufgabe", versicherte Platter. Karner ließ wissen, dass er Mattle, der mit schlechten Umfragewerten kämpft, am Montag getroffen habe.

Zusammenarbeit der FPÖ

Am Dienstag hat die FPÖ gegen die Asylpolitik der Bundesregierung ausgeholt. Sicherheitssprecher Hannes Amesbauer übte bei einer Pressekonferenz Kritik an ÖVP, Grünen sowie am Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen: "Es muss jetzt gehandelt werden, wir brauchen nachhaltige Lösungen." Diese bestünden für den Freiheitlichen etwa in stärkerem Grenzschutz inklusive Pushbacks. An die Volkspartei machte Amesbauer das Angebot zu gemeinsamen Beschlüssen im Parlament.

Der FPÖ-Sicherheitssprecher berief sich dabei auf das türkis-grüne Regierungsprogramm, wonach in kritischen Situationen auch Mehrheiten ohne die Grünen möglich seien. Die hohe Anzahl der Asylanträge erfordere, so Amesbauer, Maßnahmen. Zudem fordere er den Innenminister dazu auf, einen Bruch des Unionsrechts im Bereich der Pushbacks zu riskieren.(APA, red, 6.9.2022)