Was das Volumen betrifft, muss sich die Regierung nicht genieren. Die türkis-grüne Koalition hat drei Antiteuerungspakete vorgelegt, mit der Strompreisbremse kommt nun das vierte dazu. Österreich gehört damit zu jenen vier EU-Ländern, die bisher am meisten Geld in die Hand genommen haben, um die Folgen der Inflationskrise abzufedern, rechnet der Brüsseler Thinktank Bruegel vor. Trotzdem sind fast alle unzufrieden. Das ist kein Wunder. Die hohen Preise spüren wir Tag für Tag, die Hilfszahlungen nur einmal. Aber mit dem Geld dürfte es gelingen, den Großteil der Preissteigerungen bei Menschen mit niedrigem Einkommen abzufangen. Das ist schon was.

Die vier Antiteuerungspakete der Koalition dürften den Großteil der Preissteigerung bei Menschen mit niedrigen Einkommen abfangen.
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Dennoch leidet das Antiteuerungsprojekt der Koalition an einem groben Konstruktionsfehler. Bisher ist der Regierung nichts anderes eingefallen, als Geld zu verteilen. Es gibt einen Klimabonus in Höhe von 500 Euro für jeden Erwachsenen, Steuerentlastungen, Zahlungen für Familien, Zuschüsse zur Energierechnung. Hier wird mit der Gießkanne Geld verteilt, und das leistet keinerlei Beitrag, um das eigentliche Problem zu entschärfen: die starke Teuerung. Im Gegenteil. Der Geldregen wird die Inflation weiter anfachen, wie Ökonomen zeigen. Denn der Staat stützt die Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen, von Kühlschränken bis zu Schnitzeln, was dafür sorgt, dass Preise eher steigen.

Die Regierung spielt also Feuerwehr, legt aber zugleich neue Glutnester.

Das ist fatal, weil die Krise erst an ihrem Anfang steht. Bisher war die hohe Inflation durch teuer importierte Energie getragen. Aber nun rücken die gefürchteten Zweitrundeneffekte in den Fokus. Strom und Gas sind in nahezu all unseren Produkten enthalten, von der Semmel über die Glasflasche bis zum Papier in Ihrer Hand. Die Preise für diese Produkte werden weiter steigen oder hoch bleiben, selbst wenn sich Strom und Gas nicht noch weiter verteuern. Dazu kommt, dass die Löhne nachziehen werden, was für Unternehmen die Produktion weiter verteuert.

Veränderte Erwartungshaltung

Am problematischsten ist, dass sich die Erwartungshaltung verändert hat: Betriebe rechnen mit steigenden Preisen und passen ihr Verhalten an. Das allein lässt die Preise steigen, wie bei Brennholz gut zu beobachten war: Unternehmen hielten hier Holz zurück, weil sie auf höhere Preise warten wollten.

Nötig sind also Strategien, um die Inflation selbst zu bekämpfen. Da ist die Strompreisbremse ein erstes, prinzipiell sinnvolles Instrument, weil sie direkt die Verbraucherpreise dämpft. Das wird nicht reichen. Auch bei anderen Energieformen muss etwas getan werden. Das müssen nicht immer Zuschüsse sein: Bei Brennholz könnten Preisobergrenzen helfen, damit das Zurückhalten von Waren nichts bringt. Bei Gas wäre eine Preisbremse für jene Haushalte vorstellbar, die damit heizen. Das in der Stromproduktion genutzte Gas zu subventionieren, um Strom zu verbilligen, wäre eine sinnvolle EU-weite Strategie.

Es gäbe noch mehr Ideen. Eine erneute Verschiebung der CO2-Steuer ist ein rotes Tuch für die Grünen. Aber sie würde dafür sorgen, dass die Preise fürs Heizen nicht genau vor dem Winter weiter steigen. Auch gehört über gezielte Steuererhöhungen diskutiert, damit der Staat nicht ständig zusätzliches Geld ausgeben muss, um Ärmere zu entlasten, sondern umverteilen kann. Das ist ein rotes Tuch für die ÖVP. Aber ohne Tabubrüche wird diese Krise nicht gut zu meistern sein. (András Szigetvari, 6.9.2022)