Österreichs Kulturbetriebe werden mehr Geld vom Staat brauchen. Einsparungen sind Grenzen gesetzt, weil Kunstwerke keinen Schaden nehmen dürfen.

Illustration: Fatih Aydogdu

Die von der hohen Inflation angefachte Teuerungswelle ist im österreichischen Kulturbetrieb längst angekommen. Sei es über höhere Ausgaben für Drucksorten oder über solche für Transporte. Etwaige Rücklagen aus wirtschaftlich besseren Zeiten schmolzen in den vergangenen Monaten dahin, während man bei den Einnahmen nicht an die Jahre vor der Pandemie anknüpfen konnte.

Eine Schieflage, die sich nun verschärft, einerseits durch steigende Energiepreise, andererseits durch inflationsbedingte Anpassung der Löhne. Letztere sind der wohl größte Brocken, den es in dieser personalintensiven Branche zu stemmen gilt, liegt der Anteil der Gehaltskosten am Budget doch bei satten 75 Prozent.

Allein im Bundeskulturbetrieb belaufen sich die bereits Anfang Juni von den Häusern an das Ministerium gemeldeten Mehrkosten auf rund 30 Millionen Euro: Bei den Bundesmuseen geht es um etwa elf Millionen Euro, bei den Bundestheatern um etwa 17 Millionen Euro. Auf STANDARD-Anfrage will das BMKÖS solche "internen Schätzungen" nicht kommentieren, auch um den hinter den Kulissen angelaufenen "Budgetverhandlungen nicht vorzugreifen".

Ticketpreise erhöhen?

Inwieweit sich die Teuerung auch an den Kassen der Theater, Konzerthäuser und Museen bemerkbar machen wird, ist noch unklar. Jedenfalls aber habe sich "in Zeiten fortgesetzter Krisen gezeigt, wie wichtig leistbare und für alle zugängliche Kultur ist", merkt Wiens Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) dazu an. Absehbar ist, dass der Andrang auf den in allen Bundesländern – außer Kärnten – verfügbaren Kulturpass der Aktion "Hunger auf Kunst und Kultur" in den nächsten Wochen und Monaten steigen wird. Ein Trend, der sich bereits abzeichnet, bestätigt die Wiener Geschäftsführerin Monika Wagner.

Anspruch auf diesen Kulturpass haben alle in prekären finanziellen Verhältnissen lebenden Personen, also Mindestpensionistinnen, Arbeitslose oder auch solche, deren Haushaltseinkommen unter der Armutsgefährdungsgrenze von derzeit monatlich rund 1.370 Euro liegt.

Im Hinblick auf eine Erhöhung der Ticketpreise herrscht bei den Bundesmuseen derzeit jedenfalls kein Konsens: Das Kunsthistorische Museum will das tunlichst vermeiden, das Belvedere wiederum explizit nicht ausschließen. Derweil prescht die Albertina vor und erhöht den Ticketpreis dieser Tage heuer bereits zum zweiten Mal – um je einen Euro – auf dann 18,90 Euro. Ausgenommen sind Gruppen, die reduziert oder gratis Eintritt haben.

Neben den Personalkosten, die teils kollektivvertraglichen Vereinbarungen unterliegen, bereitet die angespannte Situation am Energiemarkt den Direktorinnen und Geschäftsführern die meisten Sorgen. Denn zusätzlich zu den bereits evidenten Erhöhungen drohen weitere, in ihrem Ausmaß derzeit nicht kalkulierbare Preissteigerungen. Mit laufenden und auch künftigen Einsparungen kann man allenfalls den Verbrauch reduzieren, nicht aber die Kostensteigerungen ausgleichen.

Verdoppelung der Kosten

Am Beispiel der Kulturbetriebe der Wien-Holding erklärt, zu denen vier Museen, die Vereinigten Bühnen und die Stadthalle gehören, lagen die Energiekosten 2021 bei rund 2,2 Millionen Euro. Aktuellen Berechnungen zufolge werden sie heuer bei etwa 4,2 Millionen Euro liegen. Das entspricht schon jetzt einem Anstieg um etwa 90 Prozent. Bei den Bundesmuseen liegt der Wert teils sogar darüber: In der Albertina stiegen die Ausgaben um 430.000 Euro auf 750.000, im Belvedere gar um 800.000 Euro auf 1,8 Millionen. Die Bundestheater-Holding beziffert die Zusatzkosten – trotz einer Senkung des Verbrauchs durch aktives Energiemanagement um etwa 20 Prozent in den vergangenen vier Jahren – mit knapp unter zwei Millionen Euro für den gesamten Konzern.

Mit etwaigen Einsparungspotenzialen befassen sich die Institutionen des Bundes nicht nur individuell, sondern seit vergangener Woche auch in einer Monitoring-Gruppe, in der auch die Versorgungssicherheit im Energielenkungsfall auf der Agenda landete. Sie spielt aus konservatorischen Gründen bei den Sammlungen der Museen eine besonders wichtige Rolle, sowohl die Raumtemperatur als auch die Luftfeuchtigkeit betreffend.

Schließtage wenig sinnvoll

Deshalb machen zusätzliche Schließtage, wie sie jetzt etwa in Straßburg verordnet wurden, energietechnisch kaum Sinn. Darüber herrscht bei den Bundesmuseen weitgehend Einigkeit, wenngleich das Belvedere dem Vernehmen nach im Ernstfall eine komplette Teilschließung des Unteren Belvedere in Erwägung ziehen dürfte.

Denn um Schäden an Kulturgütern zu vermeiden, sind tageweise verordnete größere Temperaturschwankungen tatsächlich gar nicht vertretbar. Höchstens im Umfang von vier Grad, folgt man Richtlinien des Internationalen Museumsverbands (Icom), die, je nach Objektbeschaffenheit, Raumtemperaturen von wenigstens 15 und maximal 25 Grad vorsehen.

19 Grad ist jener Wert, auf den sich Museumsbesucher in Österreich künftig einstellen dürfen. Das ist auch jene Raumtemperatur, die – etwa für das Aufsichtspersonal – mit den arbeitsrechtlichen Bestimmungen konform geht und bald auch in den Schulen gelten soll. (Olga Kronsteiner, Stefan Weiss, 7.9.2022)