Nicht immer ist es leicht, in der EU erneuerbare Energie zu gewinnen. Konventionelle – und schmutzige – Methoden bleiben daher vorerst im Rennen.

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Im Grunde sind es immer dieselben beiden Probleme: Mit dem Ausstieg aus fossilen Kraftstoffen braucht es den massiven Ausbau erneuerbarer Energien – und die Reduktion des Energieverbrauchs. Beides geht zwar stetig, aber eben zu langsam voran. Die EU-Kommission will nachhelfen und schraubt deshalb ihre Ziele nach oben: Bis 2030 sollen 45 Prozent der Energie in Europa erneuerbar erzeugt werden. Zuletzt lag der Anteil bei rund 22 Prozent.

Der Ausbau könnte allerdings deutlich schneller gehen, mahnt eine neue Studie der europäischen Vereinigung für Erneuerbare Energien (EREF) und der TU Wien. Selbst wenn die derzeitigen Hindernisse für die Erneuerbaren nur teilweise abgebaut würden, sei ein Anteil von 45 bis 50 Prozent machbar. Mit mehr Ambition seien sogar 51 bis 58 Prozent erreichbar. "In den vergangenen Jahren hat Europa viel in die Gasinfrastruktur investiert. Hätten wir dies in erneuerbare Energien gesteckt, wären unsere Probleme jetzt sehr viel kleiner", kritisiert EREF-Generalsekretär Dirk Hendricks.

Schwierige Genehmigungen

Neben den fehlenden Investitionen formuliert Hendrick drei Haupthürden: Ein erstes Problem seien die oftmals mühsamen Genehmigungsprozesse. Als zweiten Punkt fordert Hendrick eine bessere Förderung von Energiegemeinschaften. Dort produzieren und teilen mehrere Haushalte oder Betriebe den Strom – sei es eine Photovoltaikanlage auf dem Dach, eine Biogasanlage im Garten oder ein Miniwindrad. In Österreich steckte das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz vergangenes Jahr einen Rahmen für solche Zusammenschlüsse. Das sei ein guter Anfang, so Hendrick. Auch Spanien, Griechenland und Irland hätten hier Vorzeigemodelle gefunden. "Ähnliches ist überall in Europa nötig, wenn die Energiewende gelingen soll", sagt Hendrick.

Schlussendlich müsse die Kopplung der Verbraucherpreise für erneuerbare und fossile Energien überarbeitet werden. Im Rahmen der sogenannten Merit-Order kostet nämlich jeder Strom gleich viel, unabhängig von der Erzeugung. Dabei sei die Stromproduktion aus erneuerbaren meist deutlich günstiger als die aus fossilen Brennstoffen, so Hendrick. "Als Verbraucher will ich sehen, dass ich einen Vorteil habe, wenn ich meine Energie aus erneuerbarer Erzeugung beziehe."

Hinter den Möglichkeiten

Würden zumindest einige dieser Hürden abgebaut, könnten die erneuerbaren Energien weit höhere Anteile erreichen, als in der EU derzeit geplant wird.

Das fordert auch die NGO Climate Action Network Europe. Sie rechnet, dass der Anteil bis 2030 auf mindestens 50 Prozent steigen muss, damit das Pariser Klimaabkommen eingehalten werden kann.

Welches Erneuerbaren-Ziel in der EU schließlich zum Gesetz werden soll, dazu stimmt das EU-Parlament kommende Woche final im Plenum ab. Der federführende Industrieausschuss sprach sich im Vorfeld bereits für die 45 Prozent aus, die auch die Kommission vorgeschlagen hatte. Nachdem das Parlament seine Position festgelegt hat, startet der sogenannte Trilog, die Verhandlungen zwischen Parlament und Rat auf Basis des Kommissionsvorschlags. Einfach dürften sie jedoch nicht werden: So konnten sich die Mitgliedsstaaten im EU-Rat nur auf einen Kompromiss von 40 Prozent einigen. Damit bliebe die EU weit hinter ihren Möglichkeiten zurück, so EREF und die TU Wien. (Alicia Prager, 7.9.2022)