Apples "Far Out"-Show drehte sich um das iPhone 14, die neue Generation der Watch sowie die neuen Airpods Pro. Große Überraschungen blieben aus.

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Tim Cook kam zur großen Konzern-Keynote weder mit einem Apple Car in den Apple Park gefahren, noch hatte der Apple-Chef eine VR- oder AR-Brille auf der Nase. Stattdessen war wie erwartet die iPhone-14-Serie der Star des alljährlichen September-Events, das wegen eines Feiertags einen Tag später stattfand als im Vorjahr. Neben dem alljährlichen Smartphone-Update durfte auch das dazu passende Zubehör in Form der Apple Watch Ultra und der neuen Airpods Pro nicht fehlen.

Star des Abends

Die Gerüchte-Spatzen zwitscherten bereits seit Wochen von den Dächern, was Apple an diesem Mittwochabend an neuen Smartphones vorstellen würde. Vier Modelle der beliebten Apple-Geräte werden ab dem 16. September vorbestellbar sein. Während das iPhone Mini nach zwei Jahren der Vergangenheit angehört, erweitert sich die iPhone-14-Reihe mit einer Plus-Variante. Diese, genau wie das iPhone 14 selbst, wartet allerdings mit nur wenigen Neuerungen auf. Eine etwas aufgebohrte Version des letztjährigen Chips und Detailverbesserungen schreien nicht nach einem Neukauf.

Der Livestream zum Nachsehen.
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Wer die günstigere iPhone-Variante allerdings in einer 6,7-Zoll Variante schon länger erstehen wollte, der wird ab sofort fündig. Ein neuer 12-Megapixel-Sensor mit größeren Pixeln soll danke schnellerer Verschlusszeit für schönere Fotos auch unter schwierigen Lichtbedingungen sorgen. Nachtfotos sollen nun doppelt so schnell belichtet werden. Der Actionmodus wird zusätzliche Bildstabilisierung etwa beim Radfahren bieten. Das iPhone 14 wird 999 Euro, das iPhone 14 Plus 1.149 Euro kosten.

Die Helden des Abends waren einmal mehr die Pro-Modelle, die sich über die Jahre immer mehr von ihren günstigeren Alternativen abgehoben haben und diesen Vorsprung offenbar beibehalten wollen. Waren in den vergangenen Jahren vor allem die besseren Kameras ein guter Grund, Geld auf die stärkeren Varianten zu werfen, führt Apple mit der 14er-Reihe auch ein zusätzliches optisches Gimmick exklusiv in die Pro-Modelle ein.

Im Vorfeld war vermutet worden, dass der antiquierte Notch durch zwei Punch Holes ersetzt wird. Während sich dieses Gerücht nicht bewahrheitete, hat Apple den Notch deutlich verkleinert. Dennoch enthält die Lücke im Display die so genannte TruDepth-Kamera sowie den Näherungssensor. Der Notch heißt jetzt im Apple-Sprech "Dynamic Island" und wird als Zentrale für eine neue Form der Benachrichtigungen verwendet.

Apple macht aus dem Notch das "Dynamic Island".
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Bessere Kameras bekommen die Pro-Modelle selbstverständlich auch, was bei der hohen Qualität des Vorjahres aber wohl nur Puristen auffallen wird, auch wenn Apple von einer 65-prozentigen Vergrößerung des Sensors spricht. Dennoch sind 8K-Videos und eine 48-Megapixel-Kamera – im Vergleich zu der 12-Megapixel-Auflösung des Vorjahrs – spürbare Verbesserungen.

Das neue OLED-Display mit LTPO-Technik und einer adaptiven Bildwiederholrate von eins bis 120 Hertz wird ebenfalls nur in den Pro-Modellen zum Einsatz kommen. Die regulären iPhone-14-Modelle bleiben auf maximal 60 Hertz, was im Vergleich zur Konkurrenz aus Südkorea oder China schon fast absurd veraltet wirkt.

Das iPhone 14 Pro und Pro Max
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Bei den Zollgrößen bleibt man seiner Linie treu – sowohl die Basis-Varianten als auch die Pro-Modelle kommen in 6,1 respektive 6,7 Zoll Modellen auf den Markt. Die erneut etwas zurückgewichenen Bildschirmränder lassen die Displays zwar unwesentlich größer erscheinen, an den Abmessungen der Geräte ändert sich aber nichts. Durch das angewachsene Kamera-Modul können allerdings alte Hüllen nicht verwendet werden. Dafür wurden größere Akkus exklusiv in die Pro-Modelle verbaut, wohl um das neue Always-on-Display zu kompensieren. Dieses strahlt mit diversen Anzeigen, vom Akkustand bis hin zu Nachrichten, dem Besitzer entgegen. Dank iOS 16 bald in den verschiedensten Variationen.

Wie bereits erwähnt findet sich in den regulären Modellen weiterhin der letztjährige A15 Chip, während in den Pro-Modellen der neue A16 seine Arbeit verrichtet. Apple gibt die höhere Leistung mit 40 Prozent gegenüber der Konkurrenz an – freilich ohne den genauen Vergleichsprozessor zu nennen, was eine Gegenüberstellung der Zahlen unmöglich macht. Die GPU soll laut Apple 50 Prozent mehr Speicherbandbreite für grafikintensive Anwendungen gegenüber dem iPhone 13 Pro bringen. Wie sich der neue Chip in der Praxis auswirkt und ob die User wirklich einen Vorteil gegenüber dem Vorgänger haben, müssen erst unabhängige Tests zeigen. Das alles hat seinen Preis: Das iPhone 14 Pro wird 1.299 Euro, das Pro Max 1.449 Euro kosten.

Touch-ID unter dem Display oder in Form einer Taste führt Apple entgegen so manchem Gerücht auch dieses Jahr nicht ein. Als Alternative zu Face-ID, die noch immer mit von Masken verdeckten Gesichtern zu kämpfen hat, haben mittlerweile fast alle Hersteller eine Möglichkeit gefunden, auch den Daumen als Entsperrmethode nutzen zu können. Apple bietet das weiterhin – außer im iPhone SE – nicht.

Das iPhone 14 kommt deutlich farbenfroher daher als die großen Pro-Geschwister.
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Die Nase vorne haben die iPhone-14-Modelle gegenüber den Pro-Modellen in Sachen Farben. Während man bei den teuren Varianten mit Silber, Schwarz, Gold und Violett wieder eher auf dezente Töne setzt, darf man bei den günstigen – Entschuldigung, günstigeren Geräten wieder aus Midnight, Starlight, Blau, Purple und Rot gewählt werden. Wer Hüllen nutzt, was auf die meisten iPhone-Nutzer wohl zutreffen wird, dem kann das aber ohnehin egal sein.

Einen Modernisierungsschub nimmt Apple gemeinsam mit den Mobilfunkanbietern vor: Sämtliche iPhones werden – zumindest am US-Markt – ohne Schacht für die SIM-Karte ausgeliefert. Zum Einsatz kommt stattdessen ausschließlich eSIM.

Neue Satelliten-Funktion

Die Gerüchteköche lagen auch in einem anderen Punkt richtig: Apple bringt eine Satelliten-Funktion auf die neuen Smartphones. Vom iPhone abgesetzte Notrufe aus Gegenden ohne Mobilfunk werden in Zukunft über ein Satellitennetzwerk laufen. Dafür muss man das iPhone auf den nächsten Satelliten ausrichten – eine Software hilft dabei.

Über das Netz sollen vorgefertigte Nachrichten abgesetzt werden könne, etwa wenn dem iPhone-User das Wasser ausgeht. Die Texte sollen mit einem Baustein-System zusammengesetzt werden können um im Idealfall einen Notruf innerhalb von 30 Sekunden abzuschicken. Zwei Jahre lang ist der Service gratis. Im November geht der Satelliten-Notruf vorerst ausschließlich in den USA und Kanada online.

Die Apple Watch Ultra soll selbst widrigsten Temperaturen widerstehen können.
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Watch out

Ja, es ist wahr. Es gibt jetzt auch das letzte Produkt von Apple in einer Pro-Variante, auch wenn sie den Titel "Ultra" trägt. Die Apple Watch Ultra ist damit gleichzeitig auch der erste nennenswerte Schritt in der langen Geschichte der Apple-Uhr, der einen neuen Namen verdient. Ein größeres Display und ein brandneues Design zeichnen die Uhr aus.

Die Uhr verfügt über zwei Lautsprecher für bessere Sprachqualität und soll mit 60 Stunden Batterielaufzeit auch für längere Outdoor-Abenteuer gerüstet sein. Das Watchface kann darüber hinaus in einen schwarz-roten Nachtmodus geschaltet werden. Neben den internen Qualitäten, so sind etwa der neue Apple S8 ARM-SiP und ein Hauttemperatur-Sensor verbaut, ist das Gehäuse robuster, der Akku größer und zwei zusätzliche Tasten sollen die Bedienbarkeit – speziell in Sachen Fitness wie etwa auf der Laufstrecke – erleichtern.

Der so genannte Action Button soll außerdem die Backtrack-Funktion aktivieren und dabei helfen beispielsweise das eigene Zelt bei der Bergtour wiederzufinden. Damit das auch möglichst genau funktioniert nutzt die Apple Watch Ultra ein ein duales GPS-System mit L5-Frequenz-Support. Unter Wasser schaltet sich ein eigenes Interface ein, das etwa Druck und aktuelle Tiefe abbildet. Damit soll die Apple Watch Ultra mit einer neuen App namens "Oceanic+" einen Tauchcomputer ersetzen können. Sämtliche Modelle der Apple Watch Ultra sollen 999 Euro kosten.

Die Apple Watch Series 8
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Wer nicht so viel für eine Smartwatch von Apple zahlen will, dem bleiben weiterhin einige Optionen offen. Mit der Apple Watch SE bekommt man für verhältnismäßig kleines Geld (ab 299 Euro) ein Upgrade, das im Gegensatz zum Vorgänger den S8 Chip verbaut bekommt und damit mit der letztjährigen Generation an Apple Watches gleichzieht. Außerdem erscheint auch der reguläre Nachfolger, die Apple Watch Series 8. Hier halten sich die Verbesserungen wie in den Vorjahren in einem überschaubaren Rahmen. Auch das Design bleibt unverändert.

Durch zwei Temperatursensoren soll die Uhr nun in der Lage sein den Termin des Eisprungs von Frauen im Nachhinein zu schätzen. Mit "Crash Detection" sollen Autounfälle selbstständig erkannt werden. Der dafür verbaute Beschleunigungssensor soll Kräften bis zu 256 G standhalten können und nach dem Aufprall selbstständig einen Notruf absetzen. Neu im Update-Paket der Software watchOS 9 ist der "Low Power Mode", der die Batterielaufzeit von 18 auf 36 Stunden strecken soll. Dieser wird auch für ältere Modelle bis hin zur Series 4 verfügbar. Außerdem beherrschen die smarten Apple Uhren in der Mobilfunk-Variante jetzt auch Auslandsroaming. Die GPS Variante wird 499 Euro, das Modell mit GPS und Mobilfunk 599 Euro kosten.

Neuer Chip für Airpods Pro

In einem Kurzauftritt durfte man die neue Generation an Airpods Pro begrüßen. Hier verspricht der neue H2-Prozessor sowie ein neuer Verstärker und ein neuer Treiber ein umfassendes Update. Größte Neuerung dürfte aber Spatial Audio und die Personalisierungsoptionen sein.

Apple schließt hier zu Konkurrenten wie Sony auf: Mit iOS 16 sollen sich Airpods Pro individuell anpassen lassen, indem das Betriebssystem anhand eines Fotos die Ohrform des Nutzenden analysiert. Außerdem bekommen Apples Ohrstöpsel Touch Control spendiert. 299 Euro sollen die Airpods Pro kosten.

Die Airpods Pro bekommen einen neuen Prozessor und Touch-Control spendiert.
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USB-C

Wie zu erwarten bleibt Apple seinem Lightning-Anschluss treu. Obwohl ab 2024 laut EU-Beschluss sämtliche Smartphones auf USB-C umsteigen müssen, scheint Apple diese Frist bis zur Umstellung auszureizen. Zehn Jahre setzt das Unternehmen jetzt auf diesen proprietären Anschluss, auch wenn man etwa beim Macbook Pro bereits 2016 auf USB-C umschwenkte. Der unklare Kurs bei anderen Geräten, etwa Macbook Air oder iPads, wird nun bei iPhone und Wearables fortgesetzt.

Fazit

Ein größeres iPhone, noch bessere Kameras – vor allem in den Pro-Modellen – und die neue Smartwatch Ultra, die sich vor allem an Extremsportler wendet. Dazwischen viel neue Software, etwa Crash Erkennung, SOS-Rufe via Satellit und natürlich ein ständiges Anteasern des kommenden iOS 16. Apple hat abgeliefert, daran besteht kein Zweifel.

Die großen Überraschungen blieben aufgrund zahlreicher Leaks aus und eine Revolution wollte der US-Konzern heute auch nicht vom Zaun brechen. Weder USB-C-Anschlüsse bei den iPhones noch ein Blick in eine mögliche VR- oder AR-Zukunft standen auf dem Programm. Apple hat auch beim "Far Out"-Event bewiesen, wo die Schwerpunkte liegen. Bei Konnektivität zwischen den Devices und Feinjustierungen, die sich an die treue Fanbase richten. Im Westen also nichts Neues – auch wenn die Produkte durch die Bank erneut die Messlatte im eigenen Haus nach oben heben. (Alexander Amon, Peter Zellinger, 7.9.2022)