Am Mittwoch wird die weitere Ausgestaltung der Strompreisbremse im Ministerrat diskutiert. Wifo-Chef Felbermayr kritisiert, dass die Größe der Haushalte bei der Förderung zunächst nicht berücksichtigt wurde.

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Das Forschungsinstitut Wifo war einer der Ideengeber für die Strompreisbremse der Regierung, deren konkrete Ausgestaltung beim Ministerrat heute, Mittwoch, präsentiert werden soll. Die Eckpunkte: Gut 2,5 Milliarden Euro nimmt der Staat noch einmal in die Hand, um Strompreise bei den Haushalten zu deckeln.

Was hält aber Wifo-Chef Gabriel Felbermayr von dem Regierungsvorhaben? Dass der Staat hier noch einmal Geld in die Hand nehme und dabei "klotzt und nicht kleckert", sei prinzipiell sinnvoll, sagt Felbermayr im STANDARD-Gespräch. Die Strompreisbremse sei auch die erste echte Antiteuerungsmaßnahme der Regierung, weil mit ihr tatsächlich die Verbraucherpreise etwas gesenkt werden dürften.

Aber: "Dass in dem Vorhaben die Größe der Haushalte bei der Förderung zunächst keine Rolle spielt, zerstört in Teilen unseren Vorschlag. Das ist ein zentrales Problem", so Felbermayr.

Keine Gaspreisbremse

Konkret spielt er damit darauf an, dass laut Plänen der Regierung Haushalte bis zu einem Verbrauch von 2.900 Kilowattstunden (kWh) bezuschusst werden sollen. Eine Kilowattstunde soll innerhalb dieses Rahmens zehn Cent kosten – statt etwa 30 bis 40 Cent, die dafür am Markt zu bezahlen sind. Die 2.900 Kilowattstunden entsprechen etwa 80 Prozent des Verbrauchs eines Dreipersonenhaushalts.

Das hat laut Felbermayr zur Folge, dass bei vielen Haushalten 100 Prozent oder sogar 120 Prozent der Stromkosten abgedeckt werden. Anreize, Energie zu sparen, gehen damit natürlich verloren, so der Ökonom.

Kritisch sieht er die Pläne der Regierung, auch andere Heizformen zu bezuschussen. "Dann öffnen wir die Büchse der Pandora", so Felbermayr. Denn dann müsste für Brennholz ebenso wie für Gas, Fernwärme und Pelletheizungen bezahlt werden. "Der Staat muss aufpassen, es mit den Hilfen nicht zu übertreiben."

Die Strompreisbremse nütze allen Haushalten, auch jenen, die weniger Strom brauchen, weil sie anders heizen, mit Gas oder Fernwärme. Diese Haushalte werden ohnehin stärker mitunterstützt.

CO2-Steuer: Zum Teil verschieben

Aufhorchen lässt Felbermayr mit dem Vorschlag, die ab Oktober geplante CO2-Steuer zum Teil zu verschieben. Das Signal, dass wir uns von fossilen Brennstoffen verabschieden müssen, sei wichtig, auch ganz unabhängig vom Krieg in der Ukraine.

Jener Teil der Steuer, der auf Sprit anfällt, sollte daher auf jeden Fall jetzt wie geplant kommen, sagt Felbermayr. Bei jenen Menschen, die mit Gas heizen, jetzt im Winter auch noch eine Steuer draufzuschlagen, sei allerdings eine "Zumutung", diese Abgabe könnte also noch einmal ausgesetzt werden.

Eine solche Teilverschiebung wäre auch eine Kompromissmöglichkeit für die türkis-grüne Koalition, die ÖVP sieht ja die Steuer kritisch, die Grünen pochen darauf.

Auch einen weiteren Aspekt der geplanten Regierungshilfen sieht er kritisch: So will die Koalition auch die Unterstützung für Unternehmen ausweiten. Einmal geht es da um energieintensive Großbetriebe – hier gibt es bereits Hilfen, und diese sollen ausgeweitet werden. Neu dazukommen sollen allerdings Gewerbe- und Handelsunternehmen. "Im Gegensatz zu Haushalten können Unternehmen die Preissteigerungen an ihre Kunden weitergeben", sagt Felbermayr. Damit bestehe nun die Gefahr, dass es zu Überförderungen komme: wenn Betriebe den staatlichen Zuschuss nehmen und parallel ihre Preise erhöhen.

Für noch gravierender hält er, dass die Maßnahme für Ineffizienzen sorgen wird: "Wir wollen ja nicht, dass Unternehmen, die keine Wertschöpfung haben, aber viel Strom und Gas verbrauchen, wirtschaftlich überleben", sagt Felbermayr. Denn diese Betriebe verbrauchten viel Strom und Gas, seien aber eigentlich gar nicht mehr rentabel zu führen. Wenn man mit Förderungen dafür sorge, dass diese Betriebe weiterbestehen, "dann nehmen diese Firmen den anderen Strom und Gas weg". (András Szigetvari, 7.9.2022)