Die vier Regierungsmitglieder bei der Präsentation der Stromkostenbremse.

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Es gibt da diesen Satz, den Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) recht gern sagt, wenn er danach gefragt wird, ob der Staat sich denn nun alles leisten könne, angesichts der vielen Antiteuerungspakete. "Nein, das Geld ist nicht abgeschafft", sagt er dann, natürlich müsse weiterhin auf maßvolle Politik geachtet werden.

Wie sich dieser Satz zur Strompreisbremse verhält, die am Mittwoch von der türkis-grünen Koalition präsentiert wurde, ist noch nicht ganz klar. Denn die Bremse ist in ihrem Umfang nicht nur groß – zwischen drei und vier Milliarden Euro soll sie kosten. Auf Streuverluste wird wenig Rücksicht genommen. Überförderungen sind quasi programmiert.

Kanzler Karl Nehammer (ÖVP), Vizekanzler Werner Kogler (Grüne), flankiert vom Finanzminister und von der Klimaministerin Leonore Gewessler (Grüne) skizzierten am Mittwoch das Modell noch einmal in Eckpunkten, so wie es bereits in den vergangenen Tagen durchgesickert war: Bis zu einem Verbrauch von 2.900 Kilowattstunden (kWh) wird der Strompreis für Haushalte mit zehn Cent je kWh gedeckelt. Bei allem darüber wird die Differenz zum Preis, den der Energieversorger verlangt, vom Staat abgegolten. Maximal bis zu einem Preis von 40 Cent gilt das. Darüber, also ab einem Verbrauch über 2.900 Kilowattstunden ist der Marktpreis zu zahlen. Das soll einen Anreiz bieten, Strom zu sparen.

Kommt ab 1. Dezember

Die Stromkostenbremse, wie sie offiziell heißt, wird voraussichtlich ab 1. Dezember direkt auf den Stromrechnungen wirksam und gilt bis zum 30. 6. 2024. Ein Beschluss im Nationalrat ist für Oktober geplant, noch liegt kein Gesetzestext vor, allerdings ein Ministerratsbeschluss.

Das Instrument ist generös: Rund die Hälfte der österreichischen Haushalte verbraucht weniger als 2.500 Kilowattstunden im Jahr laut E-Control, dürfte demnach zur Gänze von der geplanten Strompreisbremse profitieren und geförderten Preis zahlen. Dazu kommt, dass nur auf den sogenannten Zählpunkt abgestellt wird: Wer also Strom bezieht, wird gefördert, ob im Haupt-, Neben- oder in gar keinem Wohnsitz, ist also egal. Wer eine Wohnung in Wien besitzt und ein Ferienhaus am Wörthersee, kann sich den Stromverbrauch doppelt fördern lassen. Es gibt in Österreich immerhin laut Statistik Austria 1,2 Millionen Zweitwohnsitze.

Auch auf das Einkommen wird nicht abgestellt.

Schnell oder zielsicher?

Und: Zahlreiche Bundesländer haben ihrerseits Förderungen beschlossen. In Niederösterreich etwa wird jeder Haushalt mit elf Cent pro Kilowattstunde gefördert, bei 80 Prozent des Energieverbrauchs ist hier ein Deckel eingezogen. Diese Förderung wird aber mit dem Zuschuss des Bundes nicht gegengerechnet. Sprich: Wenn sich durch die Förderung des Landes Niederösterreich ein plus ergibt, also die Förderung die tatsächlichen Stromkosten übersteigt, bekommen die Betroffenen eine Gutschrift.

Wie argumentiert das die Regierung? Wird hier nicht viel zu generös Geld verteilt an viele, die es gar nicht brauchen, während sonst bei Bildungs- und Pflegausgaben jeder Cent zweimal umgedreht wird.

Von Kanzler Nehammer abwärts wurde das am Mittwoch verneint. Es gelte immer abzuwiegen, ob schnell geholfen werden soll oder gezielt. Hier sei es darum gegangen, es schnell und antraglos zu machen. Für antraglose Abwicklung seien aber nicht die notwendigen Daten vorhanden, um zielgerichteter zu sein.

Dass es "Ausfransungen an Rändern gib", also die Gelder oben nicht zielgerichtet sein, sehe er nicht so dramatisch, sagte Kogler. Wichtig sei, dass es unten noch nachgeschärft werde: Für Menschen, die von den Rundfunkgebühren (GIS) befreit sind, wird es einen zusätzlichen Abschlag von 75 Prozent der Netzkosten geben. Das betrifft noch einmal 300.000 Haushalte mit geringen Einkommen.

Bei Zweitwohnsitzen argumentierten die Regierungsvertreter zudem, dass hier auch viele Studierende darunterfallen und das Härten erzeugen würde, sie auszunehmen. (András Szigetvari, 7.9.2022)