Bildungslandesrätin Beate Palfrader wird nach der Tiroler Landtagswahl am 25. September ausscheiden.

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Innsbruck – Im Tiroler Wahlkampf knirscht es innerhalb der Volkspartei: Nachdem Tirols ÖVP-Obmann Anton Mattle im Wahlkampf überraschend angekündigt hatte, einen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung ab zwei Jahren nach der Wahl umsetzen zu wollen, folgt nun ein parteiinterner Querschuss von berufener Stelle. Bildungslandesrätin Beate Palfrader hält Mattles Vorhaben für "schwer durchführbar". Für sie ergebe es weiter "keinen Sinn, das nur auf Tirol zu beschränken", sagte Palfrader der "Tiroler Tageszeitung".

Den Rechtsanspruch befürworte sie, aber nur, "wenn er auch bundesweit einheitlich kommt", betonte Palfrader, die nach der Landtagswahl ausscheidet. Tirol stünde mit einem Alleingang vor "enormen finanziellen Belastungen". Die Landesrätin spielte laut dem Bericht auf amtsinterne Berechnungen an, wonach sich die Finanzierung eines Rechtsanspruchs in Tirol – bezogen auf die kommenden fünf Jahre – mit 400 bis 500 Millionen Euro aufs Budget niederschlagen würde.

ÖVP stimmte im Mai gegen Vorschlag

ÖVP-Gemeindeverbandspräsident Ernst Schöpf wiederum will den Schwenk nicht kommentieren, scheint aber alles andere als angetan. "Natürlich fragt man sich aber, was da jetzt passiert ist. Außer, dass Wahlkampf ist", so Schöpf gegenüber der "TT". Schöpf forderte von Mattle, dass die dann anfallenden Kosten jedenfalls "beim Land bleiben".

Mattles Schwenk war überraschend gekommen. Erst im Mai hatten die Koalitionäre ÖVP und Grüne einen Antrag der Opposition auf einen Rechtsanspruch im Landtag abgelehnt. Tirols SPÖ-Chef Georg Dornauer griff nach der Ankündigung des ÖVP-Landeshauptmannkandidaten den Ball dankbar auf und erklärte den Rechtsanspruch auf ganztägige Kinderbetreuung zu einer zentralen roten Koalitionsbedingung. Die Grünen zogen nach und forderten den Rechtsanspruch auf eine kostenlose Kinderbetreuung.

Neos präsentieren Programm und Team

Auch am Dienstag haben die Tiroler Neos "Zukunftsteam" und damit ihre Landesräte für eine mögliche Regierungsbeteiligung nach der Landtagswahl präsentiert. Klubobmann und Spitzenkandidat Dominik Oberhofer präsentierte sich als Experte in den Bereichen Wirtschaft und Umwelt, Listenzweite Birgit Obermüller als Bildungskennerin und der Nationalratsabgeordnete Yannick Shetty als Fachmann für Jugend- und Integrationsagenden.

So eine Präsentation "gab es in dieser Form noch nie", sagte Oberhofer eingangs. Man wolle aber kommunizieren: "Wer soll einziehen und was können wir." Die Pinken stellten sich dabei als Garant für Stabilität dar, eine Eigenschaft, die man bei der ÖVP als verloren erachtete. "Die Partei zergeht in Chaos", hielt Oberhofer fest.

Neos pochen auf Rechtsanspruch

Birgit Obermüller, die in Kufstein Gemeinderätin und Schuldirektorin ist, kommentierte den Streit der ÖVP rund um den Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung als "Wählerverhöhnung". Sollten die Neos in die nächste Regierung kommen, würde man einen solchen Rechtsanspruch umsetzen wollen. Damit sind alle Parteien für einen Rechtsanspruch. Die Liste Fritz fordert dies seit 2013, die FPÖ stimmte im Mai – als die schwarz-grüne Landesregierung den Antrag ablehnte – ebenfalls vergebens für die Maßnahme.

Darüber hinaus will Obermüller einen Inklusionsplan für Tirol erstellen. An Schulen fehle es nämlich an geeigneten Räumlichkeiten, aber "Inklusion ist ein Menschenrecht", erinnerte sie. Im Elementarpädagogischen Bereich will die Direktorin dafür sorgen, dass das Bildungs- und Betreuungspersonal beim Land angestellt wird, zudem müsse die "Betreuungsqualität" in Ganztagsschulen angehoben werden.

Shetty als Jugendlandesrat

Shetty – der seit 2019 als jüngster Abgeordneter im Nationalrat sitzt – will sich in einer Landesregierung mit pinker Beteiligung für Jugendagenden einsetzen und sprach sich für einen eigenen Jugendlandesrat aus. Derzeit liegen diese Kompetenzen beim 59-jährigen Mattle, Shetty war jedoch der Meinung: "Wir können das besser." Um leistbares Wohnen für junge Menschen zu schaffen, benötige es einen Preisgipfel, führte er aus. Sollte Shetty nicht als Landesrat nach Tirol kommen, wird er aller Wahrscheinlichkeit nach aufgrund seines Listenplatzes aber nicht im Tiroler Landtag landen.

Oberhofer selbst wolle die Bereiche Wirtschaft und Umwelt verbinden. Er selbst habe mit Mattle ein gutes Verhältnis, allerdings ortete er bei diesem Schwierigkeiten, sich in der eigenen "Truppe durchzusetzen". Im Falle einer Regierungsbeteiligung sollten mindestens drei Parteien miteinander koalieren, sagte Oberhofer. (APA, red, 7.9.2022)