Man traute bei der Generaldebatte im Bundestag am Mittwoch kaum seinen Augen und noch weniger den Ohren. War das wirklich Olaf Scholz, der da am Rednerpult aufgebracht gestikulierte und ebenso sprach?

Olaf Scholz zeigte sich bei seiner Rede im Deutschen Bundestag angriffslustig und aufgebracht.
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Es war Scholz, aber er wirkte neu. Natürlich zählen in Krisenzeiten nicht markige Worte, sondern Taten. Dennoch hätten sich viele Deutsche in den vergangenen Monaten von ihrem Kanzler diese Art von Leidenschaft gewünscht. Führungsstärke zeigt sich nämlich auch in klaren Ansagen und weniger in Genuschel.

Bisher hat eher der deutsche Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) die Krise erklärt und dafür viele Sympathien bekommen. Doch derzeit schlingert er: Habeck patzte bei der Gasumlage, fabulierte eher wirr über die Notlage von Bäckereien (kein Brotverkauf, aber dennoch keine Insolvenz) und hat Probleme mit den Atomkraftwerken.

Dann musste sich Scholz – zu Recht – auch noch die Fundamentalkritik von Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU) anhören. Offensichtlich hat es in dieser Gemengelage beim deutschen Kanzler "Klick" gemacht.

Gut so. Man erinnert sich ungern an die oft lähmenden Debatten, als in Deutschland jahrelang eine große Koalition unter Angela Merkel regierte. Am Mittwoch im Bundestag zeigte sich, dass Regierungschef und Oppositionsführer auf Augenhöhe sind. Das tut Deutschland gut. (Birgit Baumann, 7.9.2022)