Wolfgang Berndt hat über ein Jahrzehnt im Aufsichtsrat der OMV verbracht, zuletzt sogar an dessen Spitze. Vor dem U-Ausschuss stand er vor allem rund um Beziehungen zu Russland Rede und Antwort.

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Es ist ein harter Schnitt, der von Dienstag auf Mittwoch im ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss erfolgte. Zuerst erzählte der frühere OMV-Chef Gerhard Roiss von seinen Warnungen vor Investments in Russland und von der schwierigen Zusammenarbeit mit der Staatsholding ÖIAG. Danach zerpflückte er die Strategie seines Nachfolgers Rainer Seele.

Tags darauf rückte dann der langjährige Aufsichtsrat und spätere Aufsichtsratschef Wolfgang Berndt aus, um mit aller Kraft Seeles Wirken bei der OMV zu verteidigen. Und Roiss? Wenn der als OMV-Chef geblieben wäre, wäre Österreich laut Berndt "noch mehr von russischem Gas abhängig gewesen"; immerhin habe Roiss ja kurz nach der Besetzung der Krim einen Vertrag mit Russland abgeschlossen.

Grabenkämpfe

Kurzum: Die Interpretationen der jüngeren OMV-Vergangenheit klaffen weit auseinander; auch intern waren Grabenkämpfe zu spüren. Beklagte Roiss, dass es nach seinem Abgang im September 2014 zu massiven Medienkampagnen gegen ihn gekommen war, sprach Berndt über viele Leaks aus dem Inneren der OMV. Lang erzählte er von einer Mitarbeiterin, die Aufsichtsratsunterlagen weitergegeben und Interna an Abgeordnete verraten habe. Diese Frau habe sich "Unglaubliches zuschulden kommen" lassen, meinte Berndt; der "gute Thomas" – gemeint: Thomas Schmid in seiner Funktion als Chef der Staatsholding Öbag – habe ihn da sogar "einzubremsen versucht".

Nach detailreichen Berichten über die Verwerfungen innerhalb der OMV hatte der Konzern ja das investigative Medium Dossier geklagt, die Klage aber nach umfassender Kritik zurückgezogen.

Brief an die Öbag-Chefin

Über Seele kam Berndt kein schlechtes Wort über die Lippen. Der gehöre zu den "Weltbesten" in der Branche. Dass Seele nach seinem Abgang bei der Hauptversammlung im Juni 2022 die Entlastung verwehrt worden war, habe Berndt aufgeregt, weshalb er einen Brief an die Öbag-Chefin und OMV-Vizeaufsichtsratschefin Edith Hlawati geschrieben habe. Seele wird ja vorgeworfen, zu eng mit der russischen Gazprom zusammengearbeitet zu haben; Geheimdienste aus dem angloamerikanischen Raum sollen sogar vermuten, Seele habe eher Gazprom-Interessen als die seiner Arbeitgeber vertreten.

Berndt, der ab 2010 Aufsichtsratsmitglied, dann von 2019 bis 2021 Aufsichtsratschef gewesen ist, lobte hingegen, dass Seele die Versorgungssicherheit Österreichs sichergestellt habe. Details des umstrittenen Langzeitvertrags mit Gazprom kenne er allerdings nicht – da habe ja nicht einmal Seele alle Details gekannt, weil dessen Vorstandskollege das ausverhandelt habe.

Und wie war das mit dem Sponsoring für Zenit St. Petersburg, angeblich Putins liebster Fußballklub? Zu dem Deal – 25 Millionen für fünf Jahre – habe er "keine Wahrnehmungen", räumte Berndt ein.

Spende nach Mittagessen

Seine eigene Spende an die Junge ÖVP bezeichnete Berndt als "not a big deal": 65.000 Euro würden lediglich 19 Prozent seiner gesamten Spenden ausmachen. Entschlossen habe er sich dazu nach einem Mittagessen in der Oberbank mit Sebastian Kurz, dem damaligen ÖVP-Generalsekretär Axel Melchior, KTM-Chef und ÖVP-Großspender Stefan Pierer sowie Therese Mitterbauer (heute Niss), deren Familienbetrieb ebenfalls viel spendete. Niss selbst landete als Abgeordnete (ÖVP) im Nationalrat.

Politische Interventionen in Richtung OMV wollte Berndt jedenfalls nicht wahrgenommen haben. Da hätte man "alle heimgeschickt", die Einfluss nehmen wollten. Einen Fall gab es zwar, da habe er aber gleich bei Thomas Schmid deponiert, dass man sich an alle Regeln halten müsse.

Nach Berndt war dann eine OMV-Managerin geladen, die für Regierungskontakte zuständig ist. Sie erzählte von Wünschen der US-Regierung, das Russland-Geschäft der OMV zurückzufahren, und vom Austritt der OMV aus der intrigenreichen Österreichisch-Russischen Freundschaftsgesellschaft. Zum Verhältnis von Seele und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin wollte sich M. nicht äußern; mit Öbag-Chef Thomas Schmid habe sich Seele eng abgestimmt. Die Politik sei "wesentlich" für die Umsetzung der OMV-Strategie, da es oft auch um bilaterale Beziehungen gehe. Sie selbst habe vor allem Kontakt zu Kabinettsmitarbeitern gehabt; zu Ministern oder dem Kanzler habe der Vorstandschef den Kontakt gehalten. (Fabian Schmid, Renate Graber, 6.9.2022)