Rund 1.000 Journalisten brachten Leben zurück in das für genau solche Veranstaltungen konzipierte Steve Jobs Theater. Cook wirkte vor Ort sichtlich erlöst, die Meinungsbildner wieder persönlich begrüßen zu können.

Foto: STANDARD, aam

"Welcome. How are you?" Alle zwanzig Meter steht ein junger Mensch mit hellblauem Apple-T-Shirt am Wegesrand und begrüßt in überschwenglicher Manier die in Richtung Steve Jobs Theater pilgernden Journalisten aus der ganzen Welt. Am 7. September 2022 wurde die neue iPhone-14-Serie vorgestellt – für Apple neben den mittlerweile sehr gewinnbringenden Abo-Services noch immer das große Zugpferd des Unternehmens. Dazu wurden etwa 1.000 Journalisten, Youtuber und sonstige Berichterstatterinnen nach Cupertino geflogen – aus Österreich war ein Medium vor Ort: DER STANDARD.

Willkommen zu Hause

"Nach drei Jahren begrüßen wir endlich wieder Gäste im Steve Jobs Theater. Dafür wurde es gebaut!" Apple-CEO Tim Cook wirkt sichtlich begeistert, dass nach den ersten beiden Jahren der Corona-Pandemie wieder Live-Events im von Glas dominierten Veranstaltungsort stattfinden können.

Cook ist sich seiner Marke und der dazugehörigen Fanbase sichtlich bewusst – kaum ein Besucher ist nicht mit zumindest drei Apple-Geräten im Raum. Die perfekten Kunden für das Apple von Tim Cook, das nicht mehr das einzelne Produkt in den Mittelpunkt stellt, sondern den Kunden geschickt in ein ständig wachsendes Ökosystem zieht, das perfekt unter- und miteinander kommunizieren kann.

Wohl auch deshalb wird bei einem Event wie diesem ein neues iPhone nicht mehr allein vorgestellt, sondern ab der ersten Minute von den Apple-Verantwortlichen und diversen Werbeeinspielern erklärt, wie Uhr, Kopfhörer und Telefon des US-Konzerns perfekt miteinander harmonieren und funktionieren. Zusammen mit den sich ebenfalls ständig erweiterten Apple-Services, wie etwa Apple-Fitness, sind diese doch mitunter der größte Wachstumsmarkt für das Unternehmen.

Eine Uhr, die Leben retten soll

So erklärte das erste Video auf dem "Far Out"-Event in Cupertino, wie die diversen Gesundheits-Features der Apple Watch Leben retten können und man seit sieben Jahren in Folge die meistverkaufte Smartwatch der Welt bei Apple produziert. Da stört es kaum, dass auch an diesem 7. September keine großen Designveränderungen angekündigt wurden, sondern sowohl für das Einstiegsmodell SE als auch die neue Series 8 erneut vor allem neue Features wie ein Körpertemperaturmesser ihren Weg in die kleine Hardware finden.

Nachdem die Uhr auch Stürze, etwa von Leitern, erkennt, ergänzte man diesmal die sogenannte Crash Detection. Die Apple Watch soll ab dem nächsten Softwareupdate erkennen, dass man in einen Autounfall verwickelt wurde, und informiert die Rettungskräfte. Die Uhr als Lebensretter – Marketing, das funktioniert. "The future of your health on your wrist", wie Tim Cook bildlich formuliert.

Apple-CEO Tim Cook begrüßte die angereisten Journalisten persönlich und ließ sich unter Blitzlichtgewitter die neuen Produkte im Steve Jobs Theater zeigen.
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Ein neues Gerät zeigte man dann aber doch. Die neue Watch Ultra ist an Extremsportler gerichtet. Größeres Display, stärkerer Akku, eine neue programmierbare Taste und widerstandsfähiger als seine kleinen Brüder. Dazu diverse Kooperationen mit Firmen wie Oceanic Worldwide, um die Uhr etwa auch als vollwertigen Unterwasser-Computer nutzen zu können. Wer diese Zusatzfeatures nutzen kann, wird sich auch nicht vor dem hoch angesetzten Preis von 999 Euro schrecken. Bei einer maximalen Batteriehaltedauer von bis zu 60 Stunden bleibt allerdings die Frage, ob Bergsteiger nicht trotzdem lieber bei Garmin und Co bleiben, auf die man sich meist eine Woche ohne Steckdose verlassen kann.

Dynamic Island

"People love the iPhone", leitet Cook in der Präsentation die neue Serie an Smartphones ein. Seit Cook das Ruder bei Apple übernommen hat, war man immer um die Erweiterung des Portfolios bemüht, sofern ein Markt dafür vorhanden ist. Das Mini-Modell der letzten zwei Jahre wurde beispielsweise aufgrund geringer Nachfrage in diesem Jahr durch ein iPhone 14 Plus ersetzt. Damit gibt es mit dieser Generation nicht nur die Pro-Modelle in 6,1 und 6,7 Zoll, sondern auch die etwas günstigere Variante.

Worauf Apple weiterhin nicht hört, ist der laute Ruf nach einem Anschlussstandard, den die EU ab 2024 vorschreiben will. Statt USB-C gibt es deshalb auch in diesem Jahr den hauseigenen Lightning-Anschluss für alle iPhones. Auch das mögliche Upgrade auf Satellitenkommunikation, wie es Huawei mit dem neuen Mate 50 bereits vorgestellt hat, lässt Apple in diesem Jahr noch aus. Zumindest für die reguläre Kommunikation – SOS-Notrufe –darf mit der neuen iPhone-Generation mit dafür geschaffener Software an Satelliten gesendet werden. Zum Start Mitte September allerdings vorerst nur in den USA und in Kanada.

Der Veranstaltungsort ist nach dem Vorgänger von Cook benannt. Die Schwerpunkte im Unternehmen haben sich seit der Machtübernahme allerdings verschoben.
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Während andere Hersteller seit Jahren die Gesichtserkennung oder Selfie-Kameras in einem kleinen Loch verstecken, hatten die iPhones weiterhin einen hässlichen Balken – auch genannt Notch – am oberen Rand des Telefons. Mit den Pro-Modellen des iPhones hat Apple nun ein Spielzeug aus der von ihnen genannten "Dynamic Island" gemacht. Das Kamera-Modul wurde verkleinert, wird aber für diverse Apps als neues Anzeigemodul genutzt. Man sieht, dass Musik läuft oder man einen Anruf erhält. Laufen zwei Apps parallel, teilt sich die "Insel". Auch etwas hinter der Zeit, aber dennoch willkommen ist das in den Pro-Modellen verfügbare Always On Display, das etwa Uhrzeit oder Batteriezustand auch im Ruhezustand anzeigen lassen kann. Wie so oft ist der US-Konzern bei solchen Entwicklungen nicht Vorreiter, aber liefert geforderte Features über die Jahre in eine Auswahl seiner Geräte.

Hype und Qualität

Während andere Hersteller die neu präsentierten Produkte den Journalisten meist direkt nach dem Event in die Hand drücken, lässt sich Apple hier mindestens eine Woche Zeit. Man will sich nicht anbiedern. Geschadet hat diese Philosophie Apple auf seinem Erfolgszug nicht. Sowohl die Fanbase zu Hause als auch die Journalisten aus der ganzen Welt vor Ort wissen um die Services, die Qualität und natürlich das Image rund um Produkte mit dem angebissenen Apfel. Tim Cook hat vor mehr als zehn Jahren den Konzern von der von vielen verehrten Lichtgestalt Steve Jobs übernommen. Nicht wenige haben damals gefragt, ob der weniger charismatische Cook den Erfolgslauf fortsetzen kann. Er kann, das haben die massiv steigenden Zahlen in dieser Zeit bewiesen.

Als Jobs seinen Sessel als CEO verließ, lag die Apple-Aktie bei 13,46 Dollar. Heute ist sie mehr als das Zehnfache wert und findet sich bei etwa 155 Dollar wieder. Der Börsenwert liegt aktuell bei mehr als 2,5 Billionen Dollar, ein Plus von mehr als 1.000 Prozent, das verfügbare Investitionsgeld hat sich in den zehn Jahren von 76 Milliarden auf mehr als 200 Milliarden mehr als verdoppelt. Der Jahresüberschuss wuchs in diesen zehn Jahren von sechs Milliarden auf mehr als 95 Milliarden Dollar. Hauptverantwortlich dafür war ein stabiles Hardware-Geschäft, eindeutig angeführt vom Erfolg des iPhones. Allein im Weihnachtsquartal 2021 legte der Umsatz des Konzerns um elf Prozent auf bisher nie erreichte knapp 124 Milliarden Dollar zu. Fast zwei Drittel, knapp 60 Prozent, entfielen auf das iPhone. Zweiter Träger des Erfolgs sind Abo-Services wie Apple Fitness, die regelmäßig die Kriegskassen des US-Konzerns füllen und mittlerweile rund 24 Prozent des Jahresumsatzes generieren.

Auch das "Far Out"-Event war ein Beweis dafür, dass es mit dem iPhone zwar noch immer einen Star im Lineup von Apple gibt, der Weg zum Erfolg allerdings nur über das Hard- und Software-Team geht, das am besten miteinander funktioniert. Für Apple bringt das nicht nur Smartphone-Verkäufe, sondern auch den steigenden Absatz von Kopfhörern und Smartwachtes. Dazu die immer mitkommunizierte Software und die kostenpflichten Abo-Services, was am Ende des Tages das bereits beschriebene Ökosystem umfasst. Ein Ökosystem das von den wenigsten Kunden je wieder verlassen wird. (Alexander Amon, 8.9.2022)

Hinweis im Sinne der redaktionellen Leitlinien: Die Kosten für die Reise wurden von Apple übernommen.