Die gestiegene Produktivität im Homeoffice ergibt sich aus der Effizienz virtueller Meetings und dem Wegfallen von Unterbrechungen. Allerdings ist es für neue Mitarbeitende nicht leicht, virtuell Anschluss zu finden – die Kommunikation zwischen den Mitarbeitenden ist eingeschränkt.

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Wien – Homeoffice ist gekommen, um zu bleiben. Die Beschäftigten fordern es ein, die Unternehmen bieten es an, und die Produktivität steigt dadurch meist. Zu diesem Schluss kommt eine Studie des Beratungsunternehmens Deloitte mit den Universitäten Wien und Graz. Zugleich droht allerdings bei längerem Homeoffice, dass soziale Kontakte und der Austausch in Unternehmen zu kurz kommen und Mitarbeiterbindung und Zugehörigkeitsgefühl leiden. Damit müssen Firmen lernen umzugehen.

Neun von zehn Unternehmen bieten laut der Studie Homeoffice an, in acht von zehn wird das zumindest von der Hälfte der Mitarbeitenden auch in Anspruch genommen. Wobei die Befragung von knapp 600 Unternehmensvertretern im Frühsommer 2022 vor allem die Lage in Büros abbildet. Zwei bis drei Tage pro Woche sind üblich, oder es gibt abteilungsweise beziehungsweise individuelle Sonderlösungen. Fast in der Hälfte der Fälle können die Mitarbeitenden selber einteilen, wann sie ins Büro kommen, etwa gleich oft wird das mit den Vorgesetzten abgesprochen. Auch Menschen auf Jobsuche fragen Möglichkeiten zum Arbeiten von daheim nach.

Herausforderung Mitarbeiterbindung

"Die verstärkte Nutzung von Homeoffice hat verschiedene Gründe. Zum einen haben sich viele bereits zu Hause einen vollwertigen Arbeitsplatz eingerichtet. Zum anderen befürchtet man kaum mehr negative Auswirkungen auf die Karriere, da Führungskräfte sowie Kolleginnen und Kollegen ebenfalls Homeoffice nutzen. Die frühere Präsenzkultur ist damit in den Hintergrund getreten", sagt Juliana Wolfsberger von Deloitte Österreich.

Dennoch müssen Unternehmen ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Homeoffice und Büro finden. "Die Herausforderung, sich als attraktiver Arbeitgeber bzw. attraktive Arbeitgeberin zu positionieren und gleichzeitig die Mitarbeiterbindung aufrechtzuerhalten, ist in den vergangenen 24 Monaten aus Sicht der befragten Unternehmen daher besonders gestiegen. Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, die auf das Vermitteln der Unternehmenskultur, die Förderung des Teamspirits und die Stärkung des Purpose vergessen, werden schnell austauschbar", warnt Christian Korunka von der Universität Wien.

Balance im Fokus

Knapp 60 Prozent der Befragten haben durch Homeoffice eine gestiegene Produktivität vermerkt, nur sechs Prozent einen Rückgang. Geholfen habe, dass virtuelle Meetings meist effizienter sind, Unterbrechungen besser vermieden werden und auch Weg- und Plauderzeiten im Büro wegfallen. Allerdings wird die Aufnahme neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erschwert, der Austausch von Wissen und ganz allgemein die Kommunikation sind eingeschränkt. Wenn jedoch auf Dauer individuelle Begegnungen und Vernetzung über Teamgrenzen hinaus zu kurz kommen, leiden langfristig auch Produktivität und Leistung, heißt es in der Studie.

"Die Intensivierung der Arbeit im Home Office, die durch die engere Taktung und durch den starken Fokus auf die Tätigkeit selbst beobachtet werden konnte, hat zu einer erhöhten Produktivität geführt. Langfristig kann diese hohe Intensität aber nicht gehalten werden – nachhaltiger wäre eine ausgewogene Balance zwischen Remote und Büro", so Bettina Kubicek von der Universität Graz.

Die Arbeitswelt sei aber weiter massiv im Wandel, so die Autoren. Es mache "keinen Sinn, nach einem 'New Normal' Ausschau zu halten. Stattdessen braucht es weiterhin ein aktives Gestalten der Arbeitswelt und Mut zu Neuem." (APA, 8.9.2022)