Im Gastkommentar fordern die ÖGB-Ökonominnen Angela Pfister und Helene Schuberth eine "schlagkräftige Preiskommission" wie bei der Umstellung von Schilling auf Euro.

Die Inflation treibt die Preise in die Höhe.
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Ursache der hohen Inflation ist nicht nur der kriegsbedingte Anstieg der Energiepreise. Die Beschleunigung des Inflationsanstiegs ab Mitte 2021 erfolgte in zwei sich überlappenden Phasen: Am Beginn standen Lieferengpässe nach Corona in Kombination mit der gestiegenen Nachfrage nach den ersten Lockdowns. Ab Sommer 2021 stiegen plötzlich die Großhandelspreise für Öl und Gas. Der Krieg Russlands gegen die Ukraine katapultierte dann nicht nur die Energiepreise in ungeahnte schwindelerregende Höhen.

Die gestiegenen Kosten des Unternehmenssektors wurden jedoch in einem zweiten Schritt im Windschatten des steigenden Inflationsniveaus auf die Konsumentinnen und Konsumenten überwälzt – vielfach über die gestiegenen Kosten hinaus. Während sicher etliche Betriebe mit erhöhten Kosten zu kämpfen haben, scheint so manches Unternehmen den Krieg für überbordende Preiserhöhungen zu nutzen und so erst die Inflation weiter zu befeuern. Zumindest legen das aktuelle Bilanzdaten für börsennotierte Unternehmen nahe, aber auch die historisch hohen Bruttogewinnquoten seit Mitte 2020.

Inadäquates Preisgesetz

Um gegen ungerechtfertigt hohe Preise vorgehen zu können, gibt es in Österreich im Prinzip zwei Instrumente: das Preisverfahren im Preisgesetz sowie das Wettbewerbsverfahren. Beide weisen bedeutende Schwächen auf. Insbesondere vor dem Hintergrund der aktuellen Krise erscheint das Preisgesetz inadäquat. Es definiert "ungerechtfertigte Preise" so, dass zum Beispiel bei Sprit Preiserhöhungen beziehungsweise das Preisniveau die internationale Preisentwicklung in einem ungewöhnlichen Maße übersteigen müssen. Dies liefert dem Wirtschaftsminister einen Vorwand, ein Preisverfahren von Amts wegen nicht einleiten zu müssen.

Zwar könnte auch ein Mitglied der Preiskommission dies beantragen, wobei hier sogar die "ungerechtfertigte Preispolitik" breiter definiert ist. Nur hat hier die Erfahrung aus dem Jahr 2008 gezeigt, als ein von der Bundesarbeitskammer beantragtes Preisverfahren vom damaligen Wirtschaftsminister eingestellt wurde, dass dies nur sinnvoll ist, wenn der politische Wille der involvierten Bundesministerien da ist, gegen Preistreiberei vorzugehen.

Zentrale Schwachstelle ist jedoch, dass im Rahmen des aktuellen Preisgesetzes Beschwerden aus der Bevölkerung nicht nachgegangen werden kann. Zudem sind Strom und Erdgas vom Geltungsbereich ausgenommen, gerade hier wäre ein entschiedenes Einschreiten angebracht.

Zahnloses Verfahren

Die Zahnlosigkeit des Wettbewerbsverfahrens zeigte sich etwa daran, dass der jüngste Bericht der Bundeswettbewerbsbehörde zu den Spritpreisen bisher ohne nennenswerte Konsequenzen blieb, obwohl sich die Bruttoraffineriemargen bei Diesel und Benzin verdreifacht hatten. Es wurden, so die Begründung, keine Hinweise auf Kartellierung und Marktmissbrauch gefunden.

Es braucht die Einsetzung einer neu zu schaffenden schlagkräftigen Preiskommission nach dem Vorbild der Euro-Preiskommission, wie sie anlässlich der Umstellung des Schilling auf den Euro eingerichtet war. Eine solche "Antiteuerungskommission" sollte mit weitreichenden Befugnissen ausgestattet sein. Sie sollte Preiskontrollen durchführen, Betriebsprüfungen veranlassen, Beschwerden aus der Bevölkerung untersuchen sowie Maßnahmen zur Beseitigung der Missstände vorschlagen oder setzen können. Ohne Markteingriffe, die gezielte, strategische Preiskontrollen miteinschließen, lässt sich diese Krise nicht bewältigen. (Angela Pfister, Helene Schuberth, 9.9.2022)