Die Wien Energie ist am Montag das große Thema im Finanzausschuss des Wiener Gemeinderats. Erste Untersuchungen sprechen von keinen Spekulationen.

Foto: REUTERS / LEONHARD FOEGER

Wien – Drei Institute kommen nach wenigen Tagen Prüfung zu der vorläufigen Einschätzung, dass es bei der Wien Energie keine Spekulation mit Strom gegeben hat. Endgültige Berichte von PwC, Ithuba und Freshfields soll es in einer Woche geben. Die bisherige Prüfung habe aber "keine Anzeichen für mögliche Spekulationsgeschäfte" ergeben, sagte Michael Sponring von PwC am Freitag. Finanzstadtrat Peter Hanke (SPÖ) wies den Spekulationsvorwurf auf dieser Basis ebenfalls zurück.

Mengen und Preisrisiken abdecken

Alle Börsengeschäfte der Wien Energie hätten nur dazu gedient, Mengen und Preisrisiken abzudecken, "es wurden nachweislich keine spekulativen Handelsbücher geführt", so Sponring. Auch seien alle gehandelten Produkte "großhandelsüblich" gewesen. Das Risikomanagement sei "branchenüblich" gewesen, es habe bisher keine Anzeichen für wesentliche Schwächen gegeben.

Die Wien Energie kauft mit Zukunftsverträgen Gas und verkauft Strom. Solange die Preise für beide Energieträger gleich stark schwanken, hat das Unternehmen wenig Probleme. Am 26. August sei aber Strom massiv teurer geworden, während sich der Gaspreis kaum bewegte. Der daraus entstehende Preisabstand zwischen den beiden Energieträgern sei mit Standardmodellen noch eine Woche davor zu 99,99 Prozent ausgeschlossen worden, so Sponring unter Berufung auf Berechnungen von Ithuba. Die Situation sei daher nicht erwartbar gewesen.

Sponring empfiehlt der Wien Energie trotz der jüngsten Aufregung uneingeschränkt ihre Geschäfte weiter mit sogenannten Futures, also Börsenverträgen über künftige Gaskäufe und Stromlieferungen, abzusichern. Das sei "alternativlos".

Auch Darlehen des Bundes auf Tagesordnung

Ein weiterer wichtiger formaler Termin ist der Finanzausschuss des Gemeinderats am Montag. Abgestimmt werden sollen unter anderem jene Kredite in der Gesamthöhe von 1,4 Milliarden Euro, die Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) dem Konzern zur Besicherung von Geschäften an der Strombörse gewährt hat. Dass diese nicht publik gemacht wurden, hatte für Kritik gesorgt.

Ludwig hat zuletzt damit argumentiert, dass es ausreichend war, den Ausschuss in der nächsten regulären Sitzung – also eben jener am Montag – zu informieren. Die erste Tranche war im Juli von ihm freigegeben worden. Die Notkompetenz steht prinzipiell jedem österreichischen Bürgermeister zu. In Wien wurden zuletzt auch Corona-Maßnahmen und Hilfe für Vertriebene aus der Ukraine auf diesem Weg fixiert.

Neben den Wiener Krediten, die von der Stadt inzwischen als "Schutzschirm" für die Wien Energie tituliert werden, steht auch das Darlehen des Bundes über zwei Milliarden Euro auf der Tagesordnung. Konkret handelt es sich dabei um den vergangene Woche zwischen Stadt und Wien Energie geschlossenen Vertrag zu den Bundesmitteln, den Ludwig ebenfalls via Notkompetenz fixiert hat.

Die Vereinbarung mit dem Bund selbst – also konkret mit der Bundesfinanzierungsagentur (OeBFA) – ist von der Landesregierung bereits abgesegnet worden. Hier konnte der Bürgermeister nicht über seine Notbefugnis aktiv werden, da es sich um eine Angelegenheit des Landes handelt.

Neos fordern bessere Kontrollmöglichkeiten

Üblicherweise werden Beschlüsse in den zuständigen Ausschüssen mit Regierungsmehrheit angenommen. Nun hat der Wiener Neos-Chef und Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr jedoch die Zustimmung seiner Fraktion an Bedingungen geknüpft. Er forderte im Gespräch mit der "Presse" bessere Kontrollmöglichkeiten für ausgelagerte Unternehmen.

Eine Ablehnung im Ausschuss wäre zumindest ein politisches Signal. Konkrete Auswirkungen gibt es aber nicht: Die Stadtverfassung sieht vor, dass Entscheidungen, die vom Bürgermeister via Notkompetenz auf Schiene gebracht wurden, jedenfalls gelten. Die Verweigerung der Genehmigung durch den Ausschuss hat keinerlei Auswirkungen auf deren Gültigkeit.

Der Gemeinderatsausschuss ist nur die erste Station in einem Abstimmungsparcours: In weiterer Folge wird sich auch der Stadtsenat am Dienstag und der Gemeinderat am 21. September mit der Milliardenunterstützung für den Energieversorger beschäftigen. (APA, 9.9.2022)