Was dem Wiener der Schrebergarten ist, ist dem Seeburgenländer seine Hütte am Schilfgürtel in Rust. Doch die Idylle bekommt Risse. Und nicht nur diese. Auch der Boden vor den Hütten. Dort, wo bis vor wenigen Wochen noch Wasser war, trocknet nun der Schlammboden an der Luft aus. Wo man vor drei Jahren noch flache Köpfler übte, hat man jetzt eine wüstenartige Landschaft. Viele der Hütten sind nur vom Wasser aus zu erreichen – jetzt also gar nicht mehr. Denn die Schlammschicht ist oft und gerne so dick, dass man fast bis zu den Knien einsinken würde. Nur die obersten paar Zentimeter sind wirklich trocken. Aus den zauberhaften Seehütten wurden nach und nach die Schlamms von Rust.

Von manchen Hütten gehen die Badeleitern noch bis ins Wasser, aber bei vielen führen sie direkt in den schlammigen Boden, wie man auf diesem Video aus der Vogelperspektive sieht.
DER STANDARD

"An die 350 Hütten werden es schon sein", sagt Hans Weninger*, "die hier entlang des Schilfgürtels in Rust sind. Und zur Hälfte von ihnen kommt man nicht mehr hin." Er selbst hat das Glück, dass vor seiner Hütte noch ein paar Zentimeter Wasser sind. Gerade genug, dass er mit seinem Elektroboot, das kaum Tiefgang hat, noch hinkommt. Zumindest war das vor zwei Wochen noch so. Im Hafen von Rust liegt er mit seinem Boot inzwischen auf dem Liegeplatz eines Freundes, der wegen des geringen Wasserstands seinen Segler gar nicht erst reingehoben hat. Seine Bootsgarage, die hinter dem Yachthafen liegt, die erreicht auch er nicht mehr. Er wird versuchen, sich im Herbst eine Rinne zu schaufeln, damit er sein Boot dort überwintern kann.

Überflutungen

"Seit 20 Jahren habe ich die Hütte am See", sagt er. Er hat sie einmal groß renoviert, vor fünf Jahren überhaupt neu aufgebaut. "Vor zehn Jahren, wenn der Wind die Wellen gegen das Ufer geschlagen hat, hat es mir immer wieder das Wasser in die Hütte gedrückt", erzählt er. Das Problem hat er nun schon länger nicht mehr.

Ein paar Hütten sind mit etwas Mühe noch über den Seeweg zu erreichen. Etwa über ein Surfboard oder ein Motorboot mit sehr wenig Tiefgang.
Foto: Guido Gluschitsch

Erste Hüttenbesitzer, die bereits alles eingewintert haben, weil sie nicht mehr zu ihrem Paradies auf Stelzen kommen, und auch solche, die heuer gar nie bis zu ihrer kamen, weil ihr Boot zu viel Tiefgang hat, beginnen sich bereits zu regen. Sie wollen die Pacht aussetzen oder zumindest mindern. Die Hütten, die, wie Herr Weninger sagt, bald einmal 250.000 Euro kosten, gehören den Besitzern. Der Grund, auf dem sie stehen, der gehört allerdings den Esterházys, und dafür ist Pacht zu bezahlen. Rund 2000 Euro pro Hütte und Jahr.

Manche Besitzer von Hütten, die übers Wasser nicht mehr erreichbar sind, wollen einen Erlass oder eine Reduktion der Pacht.
Foto: Guido Gluschitsch

"Ich hab mir den Vertrag dahingehend nicht genau angeschaut", sagt Weninger, "aber es würde mich wundern, wenn die Esterházys für solche Naturereignisse nicht vorgesorgt hätten." Für ihn stellt sich die Frage nach einer Pachtminderung nicht, und er würde sie auch nicht andenken, wenn er seine Hütte nicht mehr erreichen könnte. "Für den Fall, dass sich die Situation verschlimmert, habe ich mir noch nichts überlegt", gibt er zu. Die Hütte zu verkaufen sei jedenfalls keine Option. Und das dürfte es auch nicht für jene sein, die nun die Pacht reduzieren wollen.

Kritik an den Kritikern

Die Esterházy-Betriebe hätten derzeit keine Reduktion der Pacht vorgenommen und planten auch keine solche, sagten sie zum ORF Burgenland, aber eine Evaluierung der individuellen Situation werde laufend gemeinsam mit den Mietern vorgenommen. Weniger um Konsens bemüht ist die Stimmung mancher Beobachter der Situation in der Umgebung. "Wenn sie die Pacht nicht zahlen wollen, dann sollen sie die Hütte eben hergeben", sagt eine Dame, die eine solche "ungschaut" nehmen würde. "Es ist ja nicht das erste Mal, dass der See wenig Wasser hat, er ist ja auch schon ausgetrocknet. Das muss ich ja mitbedenken, wenn ich mir dort eine Hütte hinstelle", sagt ein Mann. "Jetzt hergehen und wieder die Rosinen picken wollen, ist eine Frechheit." Ein anderer sagt: "Erst baggern wir vollkommen sinnlos um mehrere 100.000 Euro den Hafen aus, damit die Schiffanakl fahren können – sollen wir jetzt den Hüttenbesitzern auch eine Badewanne um die Hütten ausheben, damit sie weitertunken können? Ich seh das nicht ein."

Die Situation am See könnte sich noch bessern, etwa wenn die Gegend ein paar Tage lang ein Adriatief heimsuchen würde.
Foto: Guido Gluschitsch

Seit dem Sommer gibt es auch ein weiteres Problem mit den Hütten. Die haben zwar keinen Strom- und Wasseranschluss, aber die meisten Besitzer haben die Dächer mit Photovoltaik ausgerüstet, bringen Frischwasser mit den Booten in die Hütte und saugen das Brauchwasser aus dem See. Die Abwässer landen dann in mehreren Kubikmeter großen Betontonnen, die immer wieder ausgepumpt werden müssen. Das geht bei kaum einer Hütte noch, weil die dafür eingesetzten Boote zu viel Tiefgang haben. Nun besteht die Gefahr, dass für den Fall, dass ein strenger Winter kommen sollte, nicht geleerte Tanks auffrieren und die Fäkalien in den See gelangen. (Guido Gluschitsch, 9.9.2022)