In den Räumlichkeiten des Wiener Kursalons müssen sich die 65 Galerien aneinanderkuscheln. Aber die zentrale Lage lockt neues Publikum an.
Foto: kunst-dokumentation.com

Bereits Mitte der Woche startete die Viennacontemporary (VC) – noch bevor die eigentliche Kunstmesse ihre Tore am Donnerstag öffnete – mit dem Sonderschwerpunkt Statement Ukraine. Dazu zählt eine Podiumsdiskussion, eine Gruppenschau im Ausstellungsraum Das weisse Haus sowie der Verkauf von NFT-Kunstwerken zugunsten der ukrainischen Kunstszene. Außerdem haben Messeteilnehmer aus dem angegriffenen Land keine Gebühren zu entrichten.

Als Zeichen der Solidarität setzten Boris Ondreička, künstlerischer Leiter der VC, und Yana Barinova, die ehemalige Kulturstadträtin von Kiew und seit diesem Jahr Development Officer der Kunstmesse, diesen Schwerpunkt. Einige Wochen nach dem Angriffskrieg gegen die Ukraine geriet die Messe unter Druck, und ihr vormaliger Eigentümer, der russische Unternehmer Dmitri Aksenow, zog sich von der VC zurück. Obwohl sein Name auf keiner Sanktionsliste stand und seine Eltern selbst aus der Ukraine stammen, hatten einige Galerien Bedenken bezüglich ihrer Teilnahme angedeutet, falls die Messe Imageschaden erleide. Der STANDARD berichtete.

Aksenow, Budget, Messemodell

Schon davor, im Herbst 2021, hatte die VC bekanntgegeben, sich komplett umzustrukturieren, neue Berater ins Board zu holen und zur Non-Profit-Organisation zu werden. Aksenows 70 Prozent der Anteile an der VC übernahmen insgesamt vier österreichische Shareholder. Der inhaltliche Fokus der VC auf Zentral- und Osteuropa als Alleinstellungsmerkmal bleibt erhalten.

Raw Chic: Die von Tjaša Pogačar kuratierte Zone 1 für Nachwuchskünstler wurde scheinbar in noch unsanierte Kellerräume verbannt.
Foto: kunst-dokumentation.com

Die aktuelle Ausgabe und vielleicht auch jene im Herbst 2023 werden allerdings noch von Aksenows Basisfinanzierung unterstützt. Hinsichtlich der zukünftigen Budgetierung zeigt sich VC-Geschäftsführer Markus Huber optimistisch: Die Kombi aus Teilnahmegebühren der Galerien – diese variieren heuer je nach Standgröße zwischen 1750 und 6000 Euro netto –, den Eintrittsgeldern sowie Einnahmen durch Förderungen und neue Sponsoren soll das Messemodell in Zukunft tragen, vielleicht schon nächstes Jahr.

Weg zur Boutique-Messe

Leicht hatte es die Messe auch davor nicht: Nachdem die Spark Art Fair als neue Frühjahrsmesse vom Ex-VC-Geschäftsführer Renger van den Heuvel gegründet wurde und im Juni 2021 ihr Debüt in der Marx-Halle feierte – dem früheren Austragungsort der VC –, schien vieles unsicher. Die VC schrumpfte vergangenes Jahr zur Miniaturausgabe und stellte zwischen Baustellenlärm und Staub in der damals im Umbau befindlichen Alten Post aus. Wiener Galerien waren nicht vertreten, sondern mussten an ihren Standorten besucht werden. Eine offensichtlich missglückte Zwischenlösung.

Doch nun eröffnet die VC 2022 in neuer Frische als "Boutique-Messe" am zukünftigen Standort, dem Kursalon im Wiener Stadtpark. Zwar bieten die Räumlichkeiten des Neo-Renaissance-Palastes wenig Platz, wodurch sich die nischigen Kojen der 65 Galerien eng aneinanderdrängen. Und die geförderte Zone 1 für Nachwuchskünstler wurde in noch unsanierte Kellerräume verbannt. Aber: Die Stimmung ist gut und die zentrale Lage der Location top. Es geht bergauf! (Katharina Rustler, 9.9.2022)