Der Rücktritt von Laura Sachslehner als ÖVP-Generalsekretärin schadet der Volkspartei. Die Verantwortung dafür trägt auch Kanzler Karl Nehammer.

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Laura Sachslehner hat sich verspekuliert. Oder hat sich die ÖVP verspekuliert? Dass die ÖVP-Generalsekretärin ihre Kampagne gegen den grünen Koalitionspartner völlig alleine und ohne Rückendeckung geplant und durchgezogen hat, ist wenig glaubhaft. Eigentlich undenkbar. Denn wenn die ÖVP-Führungsspitze nicht hinter den Attacken Sachslehners auf die Grünen gestanden wäre, hätte sie sie schon viel früher zurückpfeifen können. Die letzten Schritte zur Eskalation ist Sachslehner dann aber offenbar alleine gegangen. Weil sie den laschen Kurs ihrer Partei und die vermeintliche Anbiederung an die Grünen nicht mittragen könne. Starke letzte Worte im Abgang.

Der harte Kurs (gegen Ausländer), den die ÖVP demonstrieren wollte, stand von Beginn an auf wackeligen Beinen. Das hat unter Sebastian Kurz gut funktioniert, es muss auch nicht immer alles ganz logisch und nachvollziehbar sein, aber hier hat es ganz besonders gerumpelt. Das Gesetz, wonach alle in Österreich, die länger als sechs Monate im Land sind, den Klimabonus in Höhe von 500 Euro bekommen, war von beiden Koalitionspartnern gemeinsam ausgearbeitet und beschlossen worden. Dass davon auch Asylwerber profitieren würden, musste allen Beteiligten klar sein. Ebenso, dass etwa neu geborene Babys davon nicht erfasst sind, was auch einige aufgeregt hat.

Ungenau gearbeitet

Das Vorhaben rumpelt tatsächlich. Natürlich kann man zur Diskussion stellen, ob ein Asylwerber, der in einer vom Staat finanzierten Unterkunft betreut wird, einen Klimabonus braucht. Im Idealfall, bevor man so etwas beschließt. Aber die Regierung macht sehr viel auf die Schnelle, da passieren Fehler, da wird ungenau gearbeitet, da ist die soziale Treffsicherheit nicht immer gegeben, wie jetzt auch bei der Strompreisbremse, mit der Geld im Gießkannenprinzip ausgeschüttet und einiges auch verschüttet wird.

Daraus einen Koalitionskrach zu inszenieren und dem Regierungspartner ultimativ das Messer anzusetzen, das mag einigen in der ÖVP gut in ihre Wahlkampfstrategie gepasst haben, war aber völlig überzogen. Klimaschutzministerin Leonore Gewessler den schwarzen, in diesem Fall wohl den grünen Peter zuzuspielen, kann nicht funktionieren. Neuwahlen? Lächerlich. Da hätte es in erster Linie die ÖVP zerrissen.

Überzogene Forderung

Die Freiheitlichen haben zu recht und mit Genugtuung darauf hingewiesen, dass auch die ÖVP dieses Gesetz so beschlossen hat. Die Frage einer Gesetzesänderung zur Koalitionsbedingung zu machen und so Neuwahlen zu riskieren, das war ganz einfach eine schlechte Regie, das war völlig überzogen. Dazu war auch das Anliegen nicht stark genug. Das hat mit Sicherheit nicht Laura Sachslehner alleine verbockt.

Dass Sachslehner jetzt zurücktritt, ist zwar nur logisch, der Schaden für die ÖVP ist aber wieder ein Mal angerichtet. Im Abgang schenkt die Generalsekretärin ihrer Partei noch einmal ordentlich ein, sie macht aus ihrer Enttäuschung über den aus ihrer Sicht schwachen Kurs der ÖVP kein Hehl. Parteichef Karl Nehammer, der ja auch den Kanzler gibt, trägt für dieses Vorgehen und sein fulminantes Scheitern ebenso die Verantwortung. Immerhin hat er die Notbremse gezogen, Sachslehner zurückgepfiffen und letztlich geopfert, aber da stand seine Partei schon in der Sackgasse. Das ganze Unterfangen war dilettantisch, und dass es von einer Menschenfeindlichkeit getragen war und üble Ressentiments und Rassismus transportierte, macht es umso schlimmer. (Michael Völker, 10.9.2022)