Ich habe ein Gespenst gesehen. Und zwar auf dem Jauerling, dem höchsten Berg in der Wachau. Es war, wie es sich für geisterhafte Wesen gehört, ganz weiß und baumelte mit seitlich ausgestreckten Flügeln im Gebüsch.
Das Gespenst hat mehrere Namen, es heißt Schlehengeistchen, Weiße Winden-Federmotte oder Pterophorus pentadactyla. Viele sagen auch einfach Federgeistchen, weil es aus der Familie der Federmotten kommt – und vermutlich weil der Name so süß ist. Doch Federgeistchen und Federmotten sind eigentlich zwei verschiedene Familien von Kleinschmetterlingen.
Weit verbreitet, aber selten zu sehen
Wie auch immer, ich habe mich jedenfalls sehr über das Gespenst gefreut. Die Winden-Federmotte ist zwar aktuell nicht gefährdet und in Europa weit verbreitet, was aber nicht heißt, dass man sie oft zu Gesicht bekommt. Denn tagsüber versteckt sie sich am liebsten in Sträuchern. Dieses Exemplar habe ich gleich oberhalb des Skihanges auf dem Jauerling am Waldrand entdeckt. Und wie aus dem Lehrbuch hing die Winden-Federmotte tatsächlich an einer sich windenden Kletterpflanze.
Besonders auffällig sind die langen Beine, die auch noch Sporen haben, und die filigran wirkenden Flügel. Letztere sind der Länge nach mehrfach gespalten, sodass die Teile aussehen wie einzelne Federn.
Viele russische Bären
Da oben im Naturpark Jauerling, auf bis zu 960 Metern über der Adria, findet man überhaupt Insekten, die herunten im Tal seltener sind. So viele Russische Bären (Schmetterlinge) habe ich schon lange nicht mehr gesehen. Und der Blick auf Spitz an der Donau und den Tausendeimerberg ist sowieso ein Bist-du-deppert-Moment. (Michael Simoner, 14.9.20222)