Kommunisten-Chef Fabien Roussel lies bei einem Wahlkampfauftritt zwar nur Meerestiere grillen, doch an Rousseaus Aussage stößt er sich trotzdem.

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Herren, es ist Zeit, sagt die französische Ökofeministin Sandrine Rousseau in Anlehnung an Rilkes bekanntes Gedicht. Der Sommer war sehr groß, aber jetzt ist es Zeit, die Barbecue-Geräte zu verräumen. Und zwar nicht nur für die kalte Jahreszeit.

Rousseau, die bekannteste und umstrittenste Grüne Frankreichs, hat eine heftige Polemik losgetreten, indem sie den Gartengrill als klimafeindlichen Machobrauch brandmarkt. "Wir müssen die Mentalitäten ändern, damit ein Entrecôte auf dem Grill nicht länger als Symbol der Männlichkeit gilt", sagte Rousseau bei einem Parteitreffen in Grenoble.

Mit dem Zusatz, Grillen sei eine Gender-Frage, suggerierte sie ungesagt das Bild vom Mann, dem simplen Wesen, wie er sich in kurzen Hosen und Rauchschwaden an der Garwerdung blutiger Steaks auf dem BBQ-Rost freut, während der Kotelett-Saft in die glühende Holzkohle zischt.

Hoher Fleischkonsum

Als Folge erhielt Rousseau im Internet hunderte von Fotos leckerer Grillpartys, begleitet von Kommentaren, der Angriff auf die Männerzunft sei "grotesk", ja feministischer "Wahn". Sogar ein Verbündeter der Grünen, Kommunisten-Chef Fabien Roussel, ärgerte sich: "Man komme mir nicht mit dem Geschlecht des Schnitzels. Wer Fleisch isst, tut das je nachdem, was er in der Brieftasche hat, nicht, was er in seiner Unterhose hat."

Sandrine Rousseau bleibt dabei: Männer verspeisen nahezu zweimal mehr rotes Fleisch als Frauen, nämlich 61,2 Gramm gegenüber 34,1 Gramm. "Und das nur wegen des symbolischen und kulturellen Werts der Männlichkeit", dozierte die Ökofeministin mit Verweis auf den französischen Soziologen Pierre Bourdieu, der schon 1979 geschrieben hatte: "Fleisch, der Inbegriff des nahrungsreichen und stärkenden Essens, voller Kraft, Blut und Gesundheit, ist schlechthin das Gericht des Mannes."

Barbecue kein Thema mehr

Rousseau rechnet ferner vor, dass Männer mit ihrer Ernährung 41 Prozent mehr CO2 als Frauen produzierten. Das habe sogar der Weltklimarat IPCC festgehalten. Grünen-Chef Julien Bayou eilte ihr zu Hilfe und erklärte, ein Fleischmenü habe einen stärkeren Klimaimpakt als pflanzliche Ernährung; und der Gender-Graben sei unbestreitbar, da Männer bedeutend mehr Fleisch- und noch mehr Wurstwaren konsumierten als Frauen.

Nur vom "barbec", wie die Franzosen das Barbecue nennen, spricht Sandrine Rousseau nicht mehr. Sie hat gemerkt, dass sie bei eingefleischten Grillexperten eine überaus empfindliche, wenn nicht atavistische Stelle getroffen hat. Im Winterhalbjahr ruht nun die Diskussion, die Roste werden zugedeckt. Rousseau weiß dank Rilke: Wer jetzt kein Babecue-Gerät hat, wird vielleicht keins mehr kaufen. (Stefan Brändle aus Paris, 12.9.2022)