Mag sein, dass am 31. Juli das Verhalten mancher LASK-Anhänger in der Generali-Arena auf Unmut von Austria-Fans gestoßen ist. Zwei "Veilchen" müssen sich jedenfalls vor Gericht verantworten.

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Wien – Man muss kein Sherlock Holmes sein, um zu erkennen, welcher Fußballverein im Körperverletzungsprozess gegen zwei Twens eine Rolle spielt. Erscheint doch der 25-jährige Zweitangeklagte mit einem Oberteil, auf dem vorne in Violett und Weiß "FAK" zu lesen ist – die Abkürzung für den Fußballklub Austria Wien also. Am 31. Juli erkämpfte sich der einzige Wiener Vertreter in der heurigen Europacup-Saison im Heimstadion, der Generali-Arena in Wien-Favoriten, in vorletzter Minute ein Unentschieden gegen den LASK – die Nachspielzeit brachte die beiden Unbescholtenen vor Richterin Daniela Zwangsleitner.

Die Angeklagten sollen zu einer größeren Gruppe gehört haben, die nach Abpfiff nahe dem Platz einen 21 Jahre alten oberösterreichischen LASK-Anhänger geschlagen und getreten haben soll. Der arbeitslose Zweitangeklagte, der sich 400 Euro im Monat als Security dazuverdient, bekennt sich dazu "eigentlich nicht schuldig".

"Was war da mit dem blöden Leiberl?"

Die Richterin muss die Angelegenheit also von vorne durchgehen. "Was war da mit dem blöden Leiberl?", will sie wissen. "Wie waren im Stadion ...", beginnt der Zweitangeklagte. "Wer hat gewonnen?" – "Es ist, glaub ich, 2:2 ausgegangen" , antwortet der Niederösterreicher – was nicht stimmt, da es ein 1:1 war. "Danach haben wir am Verteilerkreis auf eine Gruppe gewartet." Offenbar eine andere Gruppe von LASK-Fans, schließlich hat der Zweitangeklagte davor Geldbörse, Handy und Wertgegenstände einem Freund zur sicheren Verwahrung übergeben.

Statt der erwarteten Kontrahenten tauchten andere Oberösterreicher auf. "In dem Moment sind die vorbeigegangen", sagt der Zweitangeklagte. Unter "die" sind Vater und Sohn M. sowie zwei weitere Oberösterreicher zu verstehen, die das Auswärtsspiel des LASK besucht hatten.

"Die Linzer sind da!"

"Jemand hat geschrien: 'Die Linzer sind da!' ,und alle sind losgerannt, ich auch", gibt der Zweitangeklagte zu. "Das Problem ist, wenn man in einer Gruppe ist ..." – "Dann rennt man auch. Wie die Lemminge", vollendet Zwangsleitner den Satz und demonstriert Einsicht in gruppendynamische Phänomene. Der Zweitangeklagte beteuert aber, keine Gewaltakte gegen den 21-jährigen Oberösterreicher gesetzt zu haben, als er dazugekommen sei, habe der sich gerade wieder aufgesetzt. Der erstangeklagte Tscheche bestreitet ebenso, aggressiv gewesen zu sein, er will lediglich ein bereits herrenloses T-Shirt aufgehoben haben.

Das glücklicherweise nur leicht verletzte Opfer stammt unüberhörbar aus dem Zentralraum des Landes ob der Enns. "Sie hatten ein Leibchen an, das die anderen interessiert hat", bittet die Richterin ihn um seine Version der Ereignisse. "Na jo, des Leiberl is frei zum Kaufen. Aber a Fanklubleiberl is scho a große Trophäe", meint er lächelnd. Er sei jedenfalls mit seinem Vater und zwei Freunden gerade beim Verteilerkreis gewesen, als 30 Menschen auf sie zugelaufen kamen.

Opfer kann Angeklagte nicht identifizieren

Er rannte weg, und da es sich bei dem Kleidungsstück eben um kein Fanklubleiberl handelte, zog er es auf seiner Flucht aus und warf es zu Boden. Normalerweise wird das in diesen Kreisen als Zeichen der Aufgabe gewertet, rund zehn Mann verfolgten ihn dennoch weiter und brachten ihn zu Boden. Die Hälfte der Angreifer habe ihn dann getreten, sagt der Zeuge. "Waren die beiden Angeklagten dabei?", will Zwangsleitner wissen. "Ich weiß es nicht. Ich bin auf dem Boden gelegen und habe meinen Kopf geschützt", entschuldigt sich der Zeuge.

Bei der Polizei hatte er noch den Zweitangeklagten belastet, bei dem darüber hinaus auch das unfreiwillig entsorgte LASK-Trikot gefunden wurde. Das ihm der Erstangeklagte übergeben hat. "Ich weiß es nicht mehr, ob sie zugetreten haben, sie waren in der Gruppe, die mich verfolgt hat, dabei", bleibt der Zeuge vor Gericht vorsichtig. "Das hätten Sie damals aber auch schon so sagen können", bemängelt Zwangsleitner. "Jo, daun warad uns vüi daspoat bliem", konzediert der Zeuge.

"Das ist so furchtbar unsportlich"

Die Richterin ist ob der ganzen Angelegenheit dennoch entsetzt: "Das ist so furchtbar unsportlich!", moniert sie. "Ja, das stimmt, wir waren ja in Unterzahl", pflichtet ihr der junge Zeuge bei. Ob er bei Gleichstand nichts gegen ein erlebnisorientiertes Treffen mit Austria-Anhängern gehabt hätte, bleibt offen. Der Zweitangeklagte entschuldigt sich jedenfalls per Handschlag beim Zeugen für die Unannehmlichkeiten, beschwört aber neuerlich seine Unschuld. "Wie du dich gerade aufgesetzt hast, bin ich dazugekommen. Deshalb kennst du mich", erläutert er dem Zeugen.

Angesichts der fehlenden Identifizierung spricht Zwangsleiter die beiden Angeklagten rechtskräftig frei. "Ich weiß nicht, ob Sie beim nächsten Mal auch auf so einen verständnisvollen Zeugen treffen", warnt sie noch. (Michael Möseneder, 12.9.2022)