Beziehung geht nicht ohne Drama: Carolin Pienkos und Cornelius Obonya haben Mozarts Singspiel "Bastien und Bastienne" für Herbstgold erfolgreich modernisiert.

Foto: Herbstgold/Jerzy Bin

"Wo geht’s zum Neusiedler See?" Bastien, der Blender aus dem Burgenland, will sich ertränken. Oder so tun als ob. Der Stutzer im umflorten Anzug, von seiner neuen Liebhaberin goldkettenschwer beschenkt, hat sich mit seiner eigentlichen Flamme Bastienne gefetzt. Die hat jetzt nämlich auch eine Affäre! Sagt sie jedenfalls, auf Anraten ihres schamanischen Beziehungsberaters Colas. Ob der Bluff funktioniert?

So muss das im Burgtheater gewesen sein

Carolin Pienkos und Cornelius Obonya haben Mozarts Singspiel Bastien und Bastienne sanft aktualisiert und als Herbstgold-Prélude mit Verve und Könnerhand halbszenisch inszeniert: Es gibt wunderschöne Kostüme von Ágnes Hamvas, und Amélie Hois und Angelo Pollak demonstrieren in den Sprechpassagen hohe Schauspielkunst. So muss das im Burgtheater gewesen sein. Hois, eine Routinière in dieser Partie, singt die Bastienne mit einem Sopran, der so durchsetzungsfähig ist wie ihr Charakter. Pollak schüttelt den von sich selbst betrunkenen Bastien lässig aus dem Ärmel. Und Artyom Wasnetsov gibt den Zauberer Colas mit einem mächtigen, zisternentiefen Bass und russischem Akzent. Ein Riese seiner Zunft. Zusammen mit dem von Heinz Ferlesch zu swingender Finesse animierten Kammerorchester Barucco ergibt das in Summe ein amüsantes Mozart-Präludium im Haydnsaal des Schlosses Esterházy.

Ukrainisches Jugendsymphonieorchester

In der ehemaligen Fürstenresidenz findet bis zum 25. 9. das Festival Herbstgold statt, zum zweiten Mal zeichnet Julian Rachlin für die Programmierung verantwortlich. Der Musiker möchte Herbstgold als "Boutiquefestival" positionieren, 5000 Kundinnen und Kunden konnte man letzten September anlocken. Kommenden Donnerstag ist Rachlin mit dem Chamber Orchestra of Europe (COE), dem Residenzorchester des Festivals, als Solist (des Brahms-Violinkonzerts) und Dirigent zu erleben. Einen emotionalen Höhepunkt wird wohl das Konzert des ukrainischen Jugendsymphonieorchesters unter der Leitung von Oksana Lyniv darstellen. (18. 9.)

Stermann & Grissemann lesen Loriot

Mit der Filarmonica della Scala (Leitung: Robert Trevino) macht ein europäisches Traditionsorchester Station in Eisenstadt. Sir András Schiff spielt Klavier und dirigiert das CEO (Haydn und Bartók). Eine Jazznacht, ein der Musik des Balkans gewidmetes Konzert und ein Kinoabend (Der Klavierspieler vom Gare du Nord) sorgen für Abwechslung außerhalb des Klassikbetriebs.
Weiters wird vom Leonkoro Quartett und vom Quatuor Ébène zu viert aufgegeigt, Grissemann & Stermann lesen zu Klavierbegleitung Loriot, und Igudesman & Joo & John Malkovich braten der dubiosen Spezies des Musikkritikers eins über. Gute Idee. (Stefan Ender, 12.9.2022)