Wer zur Milch will, muss zuerst zum Fleckvieh gehen, im Fall von Florian Holzer, Thomas Nowak und Ingo Pertramer heißt das ganz an den Anfang, sprich: Kälbergeburt. Mit einem buchstäblich elementarischen Knalleffekt startet heute, in der Dienstagnacht um 23 Uhr, Milch und Honig auf ORF 2.
Nach Ochs im Glas und Fisch ahoi! ist das nun die dritte Ausgabe der Lebensmittelverarbeitungsreihe, und sie nimmt sich des Themas – wie auch die Vorgängersendungen 2015 und 2019 – in seiner Gesamtheit an. "Uns hat die paradiesische Parabel gereizt", sagt Jakob Kubizek von Jenseide, mit Peter Sihorsch Produzent und Regisseur von Milch und Honig. "Dieses Mal stirbt kein Tier, dieses Mal rufen wir das Paradies aus, die Idylle."
Hackeln wie die Viecher
Die ist sowohl bei Milch als auch bei Honig nur sehr vordergründig vorhanden. Auf die Problematik von Überzüchtung und Massentierhaltung weist die Sendung hin, indem sie die Alternative zeigt: Kühe, die wie bei Demeterbauern in einem Stall stehen, in dem es wie beim Waldviertler Biobauern Marksteiner "wie in einem Teegeschäft" riecht, und Bienen in einer konsequent ökologische Imkerei.
Sowohl Kuh als auch Bienen würden "hackeln wie die Viecher", sagt Holzer. Arbeit, die Ergebnisse zeigt. "Das Erstaunlichste war die Erkenntnis, welche Wundermittel Milch und Honig sind", sagt Kubizek. "Unendliches Superfood", nennt es Holzer. Was man alles daraus machen kann, zeigen die Folgen, in denen die drei mit Expertinnen und Kennern auf ihrem Gebiet zusammentrafen, etwa mit Spitzenkoch Philip Rachinger oder am Biobauernhof, beim Käsemachen oder bei sich selbst – bei Thomas Nowak, der seit einiger Zeit auch Imker ist.
Emotionales Highlight, produktionstechnische Herausforderung
Die Kälbergeburt war emotionales Highlight, aber auch produktionstechnisch eine Herausforderung: Ein zweiwöchiges Fenster gab ihnen der Bauer zum Geburtstermin. "Der Anruf kam um fünf Uhr in der Früh, und wir haben es knapp geschafft", erzählt Kubizek.
"Wir zeigen den Optimalfall, und trotzdem ist es ein Nutztierleben", sagt Kubizek. "Wir wollen unterschwellig auf das Thema aufmerksam machen und anregen, zu überlegen, wo die Produkte herkommen", sagt Nowak. Und ob es okay sei, wenn im Supermarkt permanent alle Regale voll seien. "Schaut, wo es herkommt, reduziert euch ein bissl", sei die Botschaft auch von Milch und Honig, sagt Pertramer. Letztlich gehe es in den sechs Folgen wieder um die Wertschätzung von Produkt und dessen Herkunft.
Österreich keine Insel der Seligen
"Es ist nicht erklärlich, dass wir in unserer durch Fernsehwerbung verklärten Welt glauben, dass wir auf einer Insel der Seligen leben", sagt Holzer. "Von den 562.000 Kühen in Österreich geben 19 Prozent Heumilch, der Rest frisst Silage." Dazu komme eine absurde Überproduktion: "Man fragt sich, warum."
Kann eine Sendung wie diese etwas bewirken? Daran glauben alle, und es sei im Fall von Ochs im Glas bereits geschehen: Weideschlachtung, also das Schlachten im gewohnten Lebensraum, ist mittlerweile erlaubt. Den Tieren werden so die Qualen eines Transportes zum Schlachtbetrieb erspart. Zudem gebe es pädagogisches Interesse: In Schulen würden Ochs im Glas und Fisch, ahoi! als Anschauungsmaterial gezeigt.
Die Letzte ihrer Art
Milch und Honig sei trotzdem vorerst die letzte Staffel ihrer Art, betonen die Macher. Weil sie sich vom ORF-Apparat nicht sonderlich gut behandelt fühlten, sei es in zögerlichem Verhalten, was neue Folgen betreffe, seien es der späte Sendeplatz und mangelnde Vermarktung: "Wir reden nach acht Jahren über die dritte Staffel, wo wir schon in der achten sein könnten", sagt Pertramer. Themen für weitere Verarbeitungsprogramme gebe es zu Genüge. Die Nachfrage nach How-to-Dokus sei groß, die Lust am Tun ebenso. Ein Andocken bei Youtube oder Netflix scheint da nicht ausgeschlossen. (Doris Priesching, 13.9.2022)