Vor allem ungewollte Änderungen im Arbeitsablauf sorgen noch für Widerstand gegen die Digitalisierung des Rechtsbereichs.

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Wer an die Juristerei denkt, hat meist schwere Bücher und Aktenstapel im Kopf. Tatsächlich schreitet die Digitalisierung des Sektors aber eilig voran. Laut der Branchenuntersuchung Legal Tech Barometer von Future-Law erwarten sich 90 Prozent der befragten Kanzleien, Rechtsabteilungen und öffentlichen Stellen in den nächsten Jahren enorme Effizienzsteigerungen durch neue Technologie.

Mehr als 70 Prozent sind der Meinung, dass die Corona-Pandemie für den erwarteten Schub in Sachen Digitalisierung gesorgt hat. 50 Prozent der Befragten gaben an, dass die Strategie des Unternehmens eine Anpassung erforderte. 35 Prozent seien zur Digitalisierung gezwungen gewesen. Genauso viele sagen, dass sie ohne Umstellung schlicht ineffizient geworden sind.

Das Umfrage, die Future-Law gemeinsam mit Fabasoft und Lexisnexis durchgeführt hat, "schlägt klar Richtung Digitalisierung aus", sagt Sophie Martinetz, Gründerin und Managing Partnerin von Future-Law.

Dokumente und juristische Recherche

Legal Tech wird derzeit vor allem bei der Verwaltung von Dokumenten, bei der juristischen Recherche sowie bei der Verrechnung und Erstellung von Vorlagen verwendet. Eine zentrale Rolle spielt bei mehr als der Hälfte der Rechtsabteilungen und Kanzleien digitales Vertragsmanagement. Die größten Vorteile sehen die Juristinnen und Juristen darin, dass sie Dokumente schnell finden, Vorlagen verwenden und das Fristenmanagement automatisieren können.

Wenig genutzt werden derzeit Lösungen, die auf künstlicher Intelligenz basieren. Viele Programme – etwa zur Verarbeitung oder Automatisierung von Dokumenten – befinden sich noch im Entwicklungsstadium.

Trotz der fortschreitenden Digitalisierung kämpft die Branche immer noch mit Widerstand gegen neue Technologien. Der Hauptgrund dafür ist die ungewollte Änderung von Arbeitsabläufen, wie 60 Prozent der befragten Branchenvertreter zu Protokoll geben. Auch das mangelnde Wissen über vorhandene Technologien und fehlendes Personal beziehungsweise Kompetenz spielen eine Rolle. "Digitalisierung ist kein IT-, sondern ein Strategiethema", sagt Martinetz.

Jährliche Befragung

Future-Law erhebt gemeinsam mit Partnern jährlich die Stimmungslage der österreichischen Rechtsbranche. Die mehr als 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer setzen sich zu circa je einem Drittel aus Anwaltskanzleien und Rechtsabteilungen von Unternehmen sowie zu einem Drittel aus selbstständigen Anwältinnen und Anwälten, dem öffentlichen Bereich und sonstigen Interessierten zusammen. (japf, 13.9.2022)