"Ich finde es unappetitlich, wie sich ein Teil der ÖVP an den Bürgermeister anbiedert", sagte Wiens FPÖ-Chef Dominik Nepp.

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Nicht einmal zwei Wochen hat die neue Harmonie zwischen Wiener FPÖ und ÖVP gedauert. Erst am 2. September sind die Spitzen der beiden Parteien gemeinsam im Arkadenhof des Wiener Rathauses aufmarschiert, um die Einsetzung einer gemeinderätlichen Untersuchungskommission zur Causa Wien Energie zu verkünden. Allein hätte dies keine der beiden Parteien gekonnt, weil es dafür die Unterschrift von mindestens 25 Mandatarinnen und Mandataren braucht. Nun wackelt ebendiese Zusammenarbeit.

Wie Wiens FPÖ-Chef Dominik Nepp am Dienstag in einer Pressekonferenz erklärte, zweifeln die Blauen offenbar am Aufklärungswillen der Türkisen. Der Grund dafür ist die Sitzung des Finanzausschusses am Montag. Dabei holte sich Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) die nachträgliche Zustimmung für die beiden Darlehen zu je 700 Millionen Euro, die er im Sommer auf dem Weg seiner umstrittenen Notkompetenz, also in Eigenregie, an die Wien Energie vergeben hat. SPÖ und Neos erteilten die Freigabe – damit gab es eine Mehrheit. Grüne, FPÖ und ÖVP lehnten die beiden Anträge ab – wobei sich zwei Vertreter der ÖVP, wie berichtet, enthielten.

Und genau das regt die FPÖ auf. Nicht mit abgestimmt, sondern bei den beiden Tagesordnungspunkten draußen gewartet hätten Margarete Kriz-Zwittkovits und Markus Grießler, erklärte Nepp. Der Umstand, dass es sich bei den beiden nicht nur um ÖVP-Gemeindepolitiker, sondern die Vizepräsidentin beziehungsweise einen Spartenobmann in der Wiener Wirtschaftskammer handelt, macht die Sache für den blauen Parteichef verdächtig. Er vermutet, dass die beiden auf Geheiß von oben der Abstimmung fernblieben.

Nepp vermutet "Packelei"

Bekanntlich pflegen Wirtschaftskammerpräsident Walter Ruck und Bürgermeister Ludwig eine gute Beziehung – was auch immer wieder Futter für Spekulationen über eine SPÖ-ÖVP-Koalition in Wien bot. Um es sich mit Ludwig nicht zu verscherzen und eine etwaige künftige Regierungszusammenarbeit in Wien nicht zu gefährden, seien Kriz-Zwittkovits und Grießler von der Abstimmung abgezogen worden, mutmaßte Nepp. Sein Schluss: Zwischen Ludwig und ÖVP-Landesparteichef Karl Mahrer sei es zu einer Packelei gekommen. "Ich finde es unappetitlich, wie sich ein Teil der ÖVP an den Bürgermeister anbiedert", gab sich Nepp angriffig.

Für Nepp ergeben sich daraus Probleme für die Untersuchungskommission. Er befürchtet etwa, dass ÖVP-Vertreterinnen und -Vertreter in dem Gremium bei heiklen Zeugenladungen ebenfalls ausscheren und nicht mitstimmen könnten. Er verlange daher von Mahrer eine Garantierklärung, "am besten notariell" beglaubigt, wonach sämtliche Mandatarinnen und Mandatare des ÖVP-Klubs den Antrag für die Untersuchungskommission unterschreiben würden, bei den Sitzung anwesend sein würden und es keine "Packeleien" und "Schattenmänner" im Hintergrund gebe. Ansonsten solle die ÖVP die Untersuchungskommission mit den Grünen machen, denn die FPÖ sei sich dafür zu schade.

ÖVP schießt zurück

Bei einer im Anschluss anberaumten Pressekonferenz der ÖVP äußerte die Parteiführung Unverständnis für die Aussagen der FPÖ. Er halte das Vorgehen der FPÖ für strategisch "nicht rasend intelligent", sagte Klubobmann Markus Wölbitsch. "Selbstverständlich" würden aber alle Mandatare der ÖVP dem Einsetzungsantrag zustimmen, versicherte er. Der Gegner solle nicht eine andere Oppositionspartei sein, sondern die SPÖ.

Und Mahrer erklärte, dass es "keine Zurufe und Quertreibereien" brauche. Bedingungen solle Nepp lieber an seinen Bundesparteichef Herbert Kickl richten.

Ob die ÖVP im Fall eines Abspringens der FPÖ die U-Kommission gemeinsam mit den Grünen einsetzen werde, wollten die beiden nicht beantworten. Ziel sei es, sich mit der FPÖ zusammenzusetzen und zu eruieren, ob diese noch Interesse habe, sagte Wölbitsch. Das dem so ist, bezweifelt er aber: "Wenn man als Sieben-Prozent-Partei der größten Oppositionspartei Bedingungen stellt, dann frage ich mich schon, wie ernst man es meint."

Unabhängig davon nimmt der Zeitplan für die U-Kommission Gestalt an. Sie soll nun im Oktober im Gemeinderat eingesetzt werden. Die erste Sitzung könnte dann noch vor Weihnachten über die Bühne gehen, schätzt die ÖVP. (Stefanie Rachbauer, 13.9.2022)