Tirols ÖVP-Chef Mattle (links) und Landeshauptmann Platter goutieren die Prüfergebnisse gar nicht.

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Der Wahlkampf der ÖVP in Tirol läuft bislang wohl nicht nach den Vorstellungen von Spitzenkandidat Anton Mattle. Zuerst löste die Forderung einer Landtagskandidatin nach einem Aus des Klimabonus für Asylwerber eine veritable Parteikrise aus, dann erklärte auch noch das Sportministerium, die Tiroler Bauernjugend habe unzulässig Corona-Hilfen bezogen. DER STANDARD hat zusammengefasst, worum es dabei geht – und welche Konsequenzen es geben könnte.

Frage: Um welche Corona-Hilfen geht es?

Antwort: Das Ministerium für Kunst, Kultur, Öffentlichen Dienst und Sport (BMKÖS) von Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) hat zu Beginn der Corona-Pandemie einen Fonds für Non-Profit-Organisationen aufgelegt. Dieser wird als NPO-Fonds abgekürzt, er richtete sich vor allem an Sport- und Kulturvereine. Es gab über 54.000 Anträge, ausgeschüttet wurden 766 Millionen Euro. Das erfolgte über das Austria Wirtschaftsservice (AWS). Nach einiger Kritik wurde eine Prüfung der Auszahlungen aufgesetzt.

Frage: Wie kommt da die ÖVP ins Spiel?

Antwort: Parteipolitische Organisationen waren explizit vom NPO-Fonds ausgeschlossen. Allerdings sind die Trennlinien nicht immer so einfach zu ziehen. Das betrifft vor allem ÖVP-nahe Vereine. Der oberösterreichische Seniorenbund behauptet etwa, einerseits als Teilorganisation, andererseits als Verein zu existieren. Die Arbeit des Vereins sei nicht parteipolitisch, argumentiert man dort. Bei der Tiroler Jungbauernschaft/Landjugend ist das noch komplizierter.

Frage: Was ist die Tiroler Jungbauernschaft/Landjugend überhaupt?

Antwort: Das ist schwierig zu beantworten. Man bezeichnet sich selbst als Jugendsektion des Bauernbunds, also als Teil der ÖVP. Allerdings sind Mitglieder der als TJB/LJ abgekürzten Organisation nicht automatisch ÖVP-Mitglieder. Kurioserweise ist auch die überparteiliche Landwirtschaftskammer in die TJB/LJ involviert. Das Landwirtschaftsministerium hält die TJB/LJ demzufolge für einen Teil der Landwirtschaftskammer und nicht der ÖVP.

Frage: Zu welchem Ergebnis gelangten die Prüfer?

Antwort: Insgesamt 120 Orts- oder Bezirksorganisationen der TJB/LJ haben unrechtmäßig Corona-Hilfen bezogen, hieß es am Montag aus dem Sportministerium. Unterlagen, die diese eingereicht hätten, ließen klar darauf schließen, dass sie sich selbst als Teil des Bauernbunds und somit der ÖVP sehen. Außerdem würden "wesentliche Elemente der Statuten, die unabhängiges Handeln entscheidend einschränken", vom Bauernbund vorgegeben werden. Diese 120 Teilvereine müssen nun 816.000 Euro zurückzahlen. Sie hatten gegenüber Prüfern allesamt dieselben Stellungnahmen abgegeben, bei drei Vereinen der TJB/LJ war das anders – da wird noch geprüft. Das will man bei der TJB/LJ jetzt aber erst einmal "selbst prüfen".

Frage: Musste die Jungbauernschaft nicht bereits etwas zurückzahlen?

Antwort: Ja, acht Ortsorganisationen in Tirol haben auf die Aufforderung des Sportministeriums, Unterlagen zu liefern, überhaupt nicht reagiert. Sie müssen deshalb 56.000 Euro retournieren, davon sind bislang 9.000 Euro rückerstattet worden.

Frage: Welche Konsequenzen hat die Angelegenheit?

Antwort: Die Trennung zwischen Parteiorganisationen, nahestehenden Organisationen und unabhängigen Vereinen ist eine der schwierigsten Aufgaben in puncto Parteienfinanzierung. Die Argumentation des Sportministeriums könnte nun dafür sorgen, dass die Tiroler Jungbauernschaft offiziell als Teil der ÖVP gesehen wird; das hat Auswirkungen auf Transparenz, Spendengebarung und Inserate im hauseigenen Magazin.

Frage: Wie sieht es bei anderen Prüfungen aus?

Antwort: Die Vorarlberger Jungbauernschaft/Landjugend ist aus dem Schneider; sie konnte darlegen, dass sie nach einer Statutenänderung im Jahr 2016 nicht zur ÖVP gehört. Die Prüfungen beim Seniorenbund Oberösterreich laufen noch, ebenso bei anderen ÖVP-nahen Initiativen.

Frage: Wie reagiert man in Tirol?

Antwort: Bei Landeshauptmann Günther Platter herrschte einige Empörung. Man solle die jungen Tirolerinnen und Tiroler "in Ruhe lassen", hieß es aus der Volkspartei. Diese könnten nichts dafür, dass das Ministerium von Vizekanzler Kogler unklare Regeln beim NPO-Fonds gehabt habe, meinte man in Innsbruck sinngemäß. Auch den Zeitpunkt der Veröffentlichung des Prüfungsergebnisses sieht man dort als "Foul", ist TJB/LJ-Obmann Dominik Traxl doch am Donnerstag in den U-Ausschuss geladen. Der Tiroler Parteichef Mattle reagierte hingegen unemotional, er meinte in der "Tiroler Tageszeitung": "Alle Beteiligten haben immer klargemacht, dass dieses Geld zurückbezahlt wird, sollte eine neuerliche Prüfung zu diesem Schluss kommen." (fsc, 13.9.2022)