Die jungen Burschen organisierten sich und dokumentierten über den Online-Kommunikationsdienst Discord die Übergriffe des Lehrers.

(Dieses Bild wurde mit der Bilder-KI Stable Diffusion generiert.)

Foto: DER STANDARD/Pichler/Stable Diffusion

Er starrte Mädchen an, verpasste manchen von ihnen Kosenamen und ließ sie für sich tanzen. Die Buben behandelte er oft mit Verachtung. Seine Schüler an der Davisville Middle School hielten den Lehrer und Sporttrainer für gruselig. Weil Beschwerden nichts brachten und andere Erwachsene ihre Schilderungen abtaten, wurden sie selbst tätig.

Eine Gruppe von Siebtklässlern im Alter von zwölf bis 13 Jahren begann, das Verhalten des Lehrers und seine Aussagen mitzuschreiben. Im Jänner 2021 organisierten sich die Burschen auf der Plattform Discord, wo sie einen Kanal ins Leben riefen, um ihre Dokumentation gemeinsam online zu führen. Er erhielt den Namen "Pedo Database".

"Du musst jetzt tanzen"

Zahlreiche Vorfälle wurden darin protokolliert. "Du musst jetzt aufstehen und tanzen", lautet eines der Zitate. Neben flirthaften Bemerkungen gegenüber Mädchen, denen er Namen wie "Sunshine" oder "Sweetheart" verpasste, schien es ihm besondere Freude zu machen, sie zu Musik tanzen zu lassen. Während des Fernunterrichts im Covid-Lockdown forderte er seine Klasse auf, am folgenden Tag "in Badekleidung" vor der Webcam zu erscheinen.

"Es tat mir leid für die Mädels, weil manchmal wirkte es einfach wie eine Entwürdigung", sagt einer der Verfasser der Datenbank gegenüber dem Boston Globe. Die Betroffenen reagierten auf die Avancen des Lehrers oft mit schüchternem oder gestelltem Lachen, weil sie ihn nicht verärgern wollten. Am Ende des Schuljahrs weihte die Gruppe auch die künftigen Siebtklässler ein und empfahl ihnen, Protokoll zu führen. Insgesamt waren an Pedo Database acht Buben beteiligt.

Der Lehrer, der auch in anderen Schulbezirken tätig war, fühlte sich in seiner Position sicher. Fast 30 Jahre lang hatten ihm die Beschwerden von Eltern nichts anhaben können, prahlte er vor den Schülern. Niemand könne etwas gegen ihn tun.

Chatprotokoll als Beweismaterial

Im April dieses Jahres wurde er schließlich aus der Schule abgeführt. Verantwortlich dafür war nicht die Dokumentation der Schüler, sondern die Drohung der Eltern eines Mädchens, zwecks einstweiliger Verfügung eines Kontaktverbots vor Gericht zu ziehen. Der Beschuldigte soll ihre Tochter, die er als Trainer betreut hatte, gestalkt und sich gegenüber anderen jungen Frauen ebenfalls unangemessen verhalten haben. Der neue Superintendent des Schulbezirks North Kingstown beurlaubte ihn. Sein Vorgänger war auf Beschwerden von Eltern hin nicht tätig geworden.

Die Mutter des interviewten Burschen stellte den Kontakt zum Anwalt des betroffenen Mädchens her. Über ihn wurde das Chatprotokoll, die Pedo Database, an die Staatsanwaltschaft, das Ministerium für Jugend und Familie von Massachusetts, das Bildungsministerium des Bundesstaates sowie den Anwalt hinter der schulinternen Untersuchung weitergeleitet.

Bei den ehemaligen Schülern der Problemlehrkraft sorgte das für Erleichterung, erstmals fühlten sie sich wirklich ernst genommen. Die bisherigen Reaktionen, angesiedelt zwischen Ignoranz und "so etwas sagt man doch nicht", hätten die Situation nur verschlimmert, so der Junge. Die Erwachsenen, meint er, stünden nun in der Schuld, das Vertrauen in sie zurückzugewinnen. (gpi, 13.9.22)