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Nachdem die Volksanwaltschaft schwere Mängel in einem Senecura-Pflegeheim in der Stadt Salzburg aufgedeckt hat, soll nun die Anzahl der Bewohner in Lehen innerhalb eines Monats auf 50 gesenkt werden. Soziallandesrat Heinrich Schellhorn (Grüne) hat das dem Betreiber per Bescheid vorgeschrieben. Sollten sich bis dahin die Personalsituation und damit verbundene Mängel in der Pflege immer noch nicht gebessert haben, droht dem Heim die Schließung.

Die Missstände, die der Bericht der Volksanwaltschaft gezeigt hat, sind gravierend. Die Kommission hat dehydrierte und unterernährte Bewohnerinnen und Bewohner vorgefunden. Eine Frau hatte eine Wunde, von der bereits Fäulnisgeruch ausging. Sie wurde umgehend ins Spital gebracht und verstarb kurze Zeit später. In diesem Fall ermittelt nun auch die Staatsanwaltschaft, nachdem das Land Salzburg eine Sachverhaltsdarstellung eingebracht hat.

Seit der Bericht veröffentlicht wurde, muss das Pflegeheim einen täglichen Bericht über die Personalausstattung liefern. Hinzu kommen unangemeldete Kontrollbesuche der Heimaufsicht, der letzte fand am Sonntag statt. "Die Personalausstattung ist am Limit. Beim Ausfall einer Person ist die Pflege nicht sichergestellt", sagte Schellhorn. Daher habe die Heimaufsicht empfohlen, die Belegung zu reduzieren. "Für den Fall, dass die Auflage nicht erfüllt wird, ist der letzte Schritt der Entzug der Berechtigung", betonte der Soziallandesrat.

Für 13 Bewohnerinnen und Bewohner werden nun neue Plätze gesucht. Die Stadt habe ihre Unterstützung angeboten, Betroffene unterzubringen. Und auch von anderen Trägern gebe es bereits Zusagen, sagte Schellhorn.

Interne Revision prüft Heimaufsicht

Schellhorn steht politisch unter Druck. Vor allem die Opposition fordert Konsequenzen und seinen Rücktritt. Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) hat die Interne Revision eingeschaltet, die nun die Arbeit der Heimaufsicht überprüfen soll. Woraufhin Schellhorn ankündigte, dass strukturelle Änderungen geprüft werden und ein neues Pflegegesetz erarbeitet werden soll.

Sozialstadträtin Anja Hagenauer (SPÖ) sagte am Montag, es brauche eine "Rettungsaktion", um die Versorgung der Senioren des Wohnheims sicherzustellen. Das Land müsse einen Gipfel mit allen Trägerinnen und Trägern organisieren, um sich auf eine Schließung des Heims vorzubereiten. Zudem forderte sie ein neues Pflegegesetz mit einem Pflegeschlüssel, den es in Salzburg bisher noch nicht gibt, und eine Reform der Heimaufsicht.

Opposition will politische Verantwortung aufarbeiten

Rein formal setzt die größere der beiden Oppositionsparteien zur inhaltlichen Aufarbeitung des skandalösen Zustände in dem privat betriebenen Pflegeheim auf die normale Landtagsarbeit. Bei der ersten Landtagssitzung Anfang Oktober werde die SPÖ einen Sonderlandtag zum Thema Pflege beantragen, sagt Landesparteivorsitzender David Egger. An die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses denke man vorerst nicht, sagt Egger im STANDARD-Gespräch. Einen U-Ausschuss hat unter anderen der Spitzenkandidat der KPÖ für die Landtagswahl 2023, Gemeinderat Kay-Michael Dankl, gefordert. Für Egger ist das nur auf Perspektive "eine Option".

Inhaltlich will Egger das gesamte Pflegesystem im Bundesland auf neue Beine stellen. Die Privatisierung im Pflegebereich, bei der einst auch die SPÖ mitgemacht habe, sei ein Fehler gewesen, jetzt müsse man den Weg retour antreten. Egger will eine landeseigene Pflegegesellschaft gründen, bei der alle Pflegeagenden zusammenlaufen.

Die FPÖ forderte nach Bekanntwerden des Skandals den Rücktritt von Soziallandesrat Schellhorn. Mit einer dringlichen Anfrage im Landtag wollen die Freiheitlichen die politische Verantwortlichkeit geklärt wissen. Neben der Verantwortung von Schellhorn sieht die blaue Klubobfrau Marlene Svazek aber auch Haslauer in der Pflicht: "Der Landeshauptmann muss Bescheid gewusst haben und hat über Monate nicht reagiert." Denn bereits im Mai 2021 erreichten die Landesregierung mehrere Beschwerden über die Situation in dem Heim. Doch erst ein Jahr später habe die Regierung die Volksanwaltschaft darüber informiert, keine gravierenden Mängel festgestellt zu haben. (Stefanie Ruep, Thomas Neuhold, 13.9.2022)