Gelbhaubenkakadus finden immer neue Möglichkeiten, Mülleimer zu öffnen – selbst wenn es ihnen die Menschen besonders schwer machen.
Foto: Barbara Klump/Max Planck Institute of Animal Behavior

Im Süden der australischen Großstadt Sydney tobt ein regelrechter Müllkrieg: Wenn die Einwohner dieser Region ihren Abfall in den Mülleimern vor ihren Häusern los werden wollen, stehen die Gelbhaubenkakadus der Umgebung schon bereit, um ihn auf der Suche nach Leckerbissen wieder hervor zu holen. Dabei haben die intelligenten Vögel in den vergangenen Jahren ausgefeilte Techniken entwickelt, besagte Mülleimer zu öffnen.

Die Menschen wiederum versuchen sie mit unterschiedlichen Methoden davon abzuhalten, weil die Papageien beim Stöbern Abfall in den Wohngebieten verteilen. Dabei eskaliert das "Wettrüsten" zusehends. Ein Forscherteam um Barbara Klump vom Max-Planck-Institut für Verhaltensbiologie in Konstanz hat sich diesen Krieg zwischen Vögeln und Menschen nun genauer angesehen und die Techniken beider Seiten in einer Studie im Fachjournal "Current Biology" dargelegt.

Kakaduwissen verbreitete sich rasch

"Sobald ein Kakadu eine Mülltonne geöffnet hat, kommen andere Kakadus hinzu und versuchen, etwas Leckeres zu essen abzubekommen", erklärt Klump. "Sie mögen Brot sehr gerne." Welcher findige Vogel zuerst auf die Idee kam, ist nicht überliefert – klar ist aber, dass das Verhalten rasch Nachahmer fand: Im Jahr 2018 war der Trick einer Befragung von Anwohnern zufolge nur in drei Gebieten beobachtet worden. Ende 2019 fischten die Vögel schon in 44 Gebieten auf diese Art Nahrung aus Mülltonnen.

Die Bewohner reagierten allerdings ihrerseits und ersannen immer neue Methoden, um das Öffnen der Deckel zu verhindern. Bei einer Befragung gaben 61 Prozent von etwa 170 Teilnehmern an, mit der Zeit zu immer drastischeren Mitteln gegriffen zu haben – weil die Vögel jedes Mal ihrerseits mit neuen Ideen nachzogen.

So schreckten auf den Tonnen platzierte Gummiattrappen von Schlangen die Kakadus bald nicht mehr, und auch schwere Objekte auf den Deckeln wie Steine hielten die Vögel nicht lange von ihrem Ziel ab.

Video: Selbst Ziegelsteine sind für die intelligenten Vögel kein Hindernis.
James Morrison

Ähnliches Lernen auf beiden Seiten

"Steine schienen eine Zeit lang zu klappen, aber die Kakadus wurden zu schlau", wird ein Befragter zitiert. Die Vögel wuchteten die Hindernisse mit Kopf oder Schnabel über den Rand des Deckels und verschafften sich so wieder freie Bahn.

"Nicht nur die Kakadus lernen sozial, wie man Mülltonnen aufmacht, auch die Anwohner lernen sozial, wie man seine Mülltonnen vor den Kakadus schützt", erklärt Klump. "Die Anwohner kommen von sich aus auf neue Schutzmethoden, aber viele lernen sie von ihren Nachbarn oder Leuten in ihrer Straße, lassen sich also von jemand anderem inspirieren."

Etwa zwei Drittel der Befragten orientierten sich an ihren Nachbarn. Ähnlich schien es bei den Kakadus zu sein, wo sich die Techniken zum Überwinden der Schutzvorkehrungen ebenfalls über lokale Populationen verbreiteten.

Neue Methoden

Die aktuellste – und noch wirkungsvolle – Idee des Menschen: Schuhe oder Plastikflaschen werden in die zwei Scharniere gesteckt, so dass sich die Deckel nicht mehr aufklappen lassen. Und um ganz sicherzugehen, befestigten manche Anwohner zudem schwere Objekte wie gefüllte Wasserflaschen mit Kabelbindern an den Deckeln. Das scheint zu funktionieren – zumindest vorerst.

Ähnliche Wettläufe zwischen Wildtieren und Menschen gebe es immer wieder, erläutert die Gruppe um Klump. Ein Beispiel seien Elefanten in Afrika, die Felder verwüsten und dabei immer neue Schutzmaßnahmen überwinden, ein weiteres Makaken in Asien, die Menschen Gegenstände stehlen und nur gegen Essen zurückgeben. (tberg, red, 13.9.2022)