Das Posting seines Klubchefs Wölbitsch hat Mahrer "nicht gefallen", zur Pressekonferenz nahm er ihn trotzdem mit.

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Wäre es nach der Wiener ÖVP gegangen, hätte ihre Pressekonferenz am Dienstag ein völlig harmloses Thema gehabt: die türkise Herbstkampagne samt neuer Plakate mit Parteichef Karl Mahrers Konterfei. Nach den Turbulenzen, die der Rücktritt von Laura Sachslehner als Generalsekretärin der Bundespartei in der ÖVP im Allgemeinen und in der Wiener Landesgruppe im Speziellen ausgelöst hat, kam es anders. Mahrer musste eine Frage nach der anderen zur Causa beantworten – und gab sich nach der Zugeknöpftheit der vergangenen Tage überraschend offen.

"Ich schätze Laura Sachslehner sehr. Sie ist ein politisches Talent", sagte der Wiener Parteiobmann. Ihren Abschied hätte er sich daher anders gewünscht – sowohl für Sachslehner persönlich als auch für die ÖVP, betonte er.

Im türkisen Rathausklub, wo die streitbare Politikerin weiterhin als Mediensprecherin fungieren wird, hat sie für Mahrer trotz ihrer harschen inhaltlichen Kritik an der eigenen Partei rund um den Klimabonus für Asylwerber ihren Platz. "Ich freue mich, dass sie im Gemeinderat weitermacht", betonte Mahrer

. Wegnehmen könnte die ÖVP Sachslehner ihren Sitz ohnehin nicht: Der Verbleib im Stadtparlament sei Sachslehners "höchstpersönliche Entscheidung", schon alleine aufgrund des freien Mandats.

Unglücklicher, aber pakttreuer Mahrer

Inhaltlich wurde Mahrer dann doch etwas deutlicher als am Wochenende. Nachdem er am Samstag in einer Aussendung den "konsequenten Kurs" von ÖVP-Chef Karl Nehammer bei den Themen Asyl und Migration gelobt hatte, stimmte er Sachslehner in ihrer Kritik nun durchaus zu. Glücklich sei er mit der Auszahlung des Klimabonus an Asylwerberinnen und Asylwerber zwar nicht, sagte Mahrer. Aber: "Ich bin pakttreu."

All diesen Erklärungen beiwohnen durfte neben der versammelten Presse auch Klubobmann Markus Wölbitsch. Mitgebracht hatte ihn Mahrer ganz bewusst: Immerhin war es allen voran Wölbitsch, der der Öffentlichkeit Futter für Spekulationen über einen Richtungsstreit in der Partei bot.

Anlass für Sachslehners Rücktritt waren Differenzen über die Auszahlung des Klimabonus an Asylsuchende.
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Auslöser war ein Posting, in dem der Klubchef über Sachslehner schrieb: "Ich bin stolz, dass sie in unserem Team ist und als Gemeinderätin weiterhin jene Mitte-rechts-Politik vertritt, für die wir in Wien 2020 gewählt wurden." Zusatz: "Daran sollten sich auch andere vielleicht wieder erinnern." Mittlerweile ist der Eintrag gelöscht.

Mahrer gefiel Wölbitschs Posting nicht

"Mir hat es nicht gefallen, das sage ich ganz offen", räumte Mahrer ein. Er schwor jedoch, dass Wölbitsch ein "ganz wertvoller Teil" der Wiener Volkspartei sei: "Der Markus Wölbitsch ist für mich nicht nur ein hochkompetenter Klubobmann mit Leadership im Klub." Er sei auch ein Mensch, mit dem man gut reden könne – auch wenn man nicht immer einer Meinung sei und die eine oder andere Emotion habe.

Wölbitsch selbst befand, dass man darüber diskutieren könne, ob der Ton und der Kanal für seine Äußerung richtig gewählt gewesen seien. Die Aussage aus seinem Posting griff er auf, um die Aufmerksamkeit auf die inhaltlichen Schwerpunkte zu lenken, die sich die Wiener ÖVP für den Herbst vorgenommen hat: Teuerung, Bildung und Integration. "Ich bin überzeugt, dass das die Themen für die Menschen sind, die uns 2020 gewählt haben."

Um wieder aus der Defensive zu kommen, hatte das Duo einen Joker in der Tasche: das Zwischenergebnis eines Gutachtens zum Umgang von Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) mit der Notkompetenz in der Causa Wien Energie.

Nach Ansicht der ÖVP hätte Ludwig den Finanzausschuss viel eher in die Vergabe der Darlehen im Umfang von insgesamt 1,4 Millionen Euro an den städtischen Versorger einbinden müssen. Das Gutachten, angefertigt von Verfassungsrechtler Peter Bußjäger, stützt diese Sichtweise laut Wölbitsch. Vorgelegt wurde es noch nicht, das soll bald geschehen.

Verhängnisvoller Kaffee

Ist zwischen dem schwarzen und dem türkisen Lager nun also wieder alles gut? Nicht ganz. Denn hinter den Kulissen wird weiter gezündelt – gegen niemand Geringeren als den Wiener Parteichef. Mahrer habe, so ist aus gewissen Kurz- und Blümel-treuen Ecken des Rathausklubs zu vernehmen, kurz vor Bekanntwerden der finanziellen Turbulenzen der Wien Energie ausgerechnet mit Finanzstadtrat Peter Hanke (SPÖ) geurlaubt.

Sowohl ein Sprecher der ÖVP als auch eine Sprecherin von Hanke dementieren das. Richtig sei lediglich, dass Hanke und Mahrer Ende Juli in Jesolo gemeinsam einen Kaffee getrunken haben, heißt es aus dem Stadtratsbüro. Beide hätten sich zufällig zur gleichen Zeit in dem Badeort aufgehalten.

Hanger winkt vorsichtig ab

Wer Sachslehner als Generalsekretärin beerben wird, ist weiter offen. Ein potenzieller Nachfolger winkte am Montag vorsichtig ab: Andreas Hanger, ÖVP-Fraktionsführer im U-Ausschuss, fühlt sich "mit seinen derzeitigen Aufgaben ausgelastet". Er hege keine großen Ambitionen auf das Amt, es gebe keine Gespräche in diese Richtung. (Stefanie Rachbauer, 13.9.2022)