Wien – 530.938 Unterstützungserklärungen und Eintragungen konnte das Volksbegehren "Für uneingeschränkte Bargeldzahlung" in der vergangenen Woche sammeln. Die Forderungen der Initiative: das Recht auf Bargeld in den Verfassungsrang zu heben, keine Obergrenzen für Bargeldzahlung und der Schutz für Bargeld als Vermögensmittel. Das Ansinnen muss nun im Nationalrat behandelt werden – auch wenn die Abschaffung des Bargelds derzeit gar nicht zur Diskussion steht.

Die Menschen halten jedenfalls am Bargeld fest: Laut der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) waren mit 31. Dezember 2021 ganze 28,2 Milliarden Banknoten mit einem Gegenwert von 1,54 Billionen Euro und 141 Milliarden Münzen mit einem Gegenwert von 31,2 Milliarden Euro in Umlauf. Insgesamt beläuft sich der Bargeldumlauf somit auf 1,58 Billionen Euro. Im Vergleich zum Vorjahr stieg der wertmäßige Banknoten- und Münzumlauf im Euroraum um 7,6 Prozent.

6,9 Milliarden Schilling

Und nicht nur aktuelles Bargeld ist in Österreich im Umlauf: Auch an 6,9 Milliarden Schilling halten die Österreicherinnen und Österreicher fest – rund 500 Millionen Euro. Dabei ist die Umstellung der Währung bereits viele Jahre her: Vom einen auf den anderen Moment mussten wir umrechnen. Der Jahressprung von 2001 auf 2002 war wahrlich kein üblicher Silvester, denn plötzlich dominierte der nicht ganz benutzerfreundliche Umrechnungskurs 13,7603 von Schilling auf Euro den Einkauf. Zwei Dekaden später kümmert dieser Kurs niemanden mehr, es wächst bereits die zweite Generation auf, die Schilling nicht einmal als Baby erlebt hat.

Zwei Millionen Schilling werden in Österreich pro Jahr noch in Euro umgewechselt. Tausend Schilling sind es im Schnitt pro Person.
Foto: Christian Fischer

Nichtsdestoweniger sind noch Schilling im Umlauf. Was also tun, wenn irgendwo ein Schein mit Sigmund Freud (50 Schilling) oder Wolfgang A. Mozart (5.000 Schilling) darauf auftaucht? Bei der OeNB kann man Scheine und Münzen sowohl persönlich als auch über den Postweg umtauschen. Die Notenbank akzeptiert allerdings nur die letzte Serie, dafür ohne zeitliches und betragsmäßiges Limit. Gebühr fällt keine an.

Viele Scheine, wenige Münzen

"Jährlich werden zwischen ein und zwei Millionen Schilling eingetauscht", sagt Martin Taborsky von der OeNB im Gespräch mit dem STANDARD. "Im Schnitt sind es 1.000 Schilling pro Person." Zwischen Münzen und Scheinen gehe die Rückgabequote allerdings sehr weit auseinander. 97 Prozent der Banknoten habe die OeNB bereits zurück, bei Münzen ist es nicht einmal die Hälfte. Das verwundert wenig, in praktisch jedem Haushalt kugeln irgendwo Münzen von vergangenen Auslandsaufenthalten herum. Auch steht für die meisten Menschen der Aufwand nicht dafür, ein paar Schilling oder gar Groschen zu wechseln.

Seit 2002 ist der Euro offizielles Zahlungsmittel in Österreich. Mehrere Milliarden Schilling befinden sich aber nach wie vor im Umlauf.
Foto: Christian Fischer

Wer also kommt zum Schalter und tauscht tatsächlich noch Schilling um? Einer davon ist Michael T., diese Woche habe er es bei einer Raiffeisen-Filiale in der Wiener Innenstadt probiert, sei aber an die Nationalbank verwiesen worden. "Ich habe in einem alten Kasten zufällig 220 Schilling gefunden, und die Bank lag auf dem Weg", sagt er.

Dass er dafür zur OeNB muss, habe er nicht gewusst. Auch ob er dort wirklich hingehe, wisse er noch nicht. Bei der Notenbank selbst heißt es, dass die Kundinnen und Kunden beim Schilling-Tausch völlig bunt durchmischt seien.

Mehrere Jahrzehnte gehen an Geldscheinen nicht spurlos vorbei, sie bestehen aus Baumwollpapier, das nutzt sich ab bzw. reißt früher oder später ein. Die OeNB nimmt auch beschädigtes Bargeld zurück, dafür müssen aber mehr als 50 Prozent der Note vorgelegt werden. Sind weniger als 50 Prozent vorhanden, braucht es einen glaubwürdigen Nachweis, dass der Rest vernichtet wurde. Das gilt für Schilling wie für Euro. Als beschädigt gilt Bargeld aber auch, wenn es bemalt, zerschnitten oder verbogen (Münzen) ist.

Beschädigtes Bargeld

Kleiner Exkurs in die Euro-Welt. "Es hat sich ein Geschäftsmodell daraus entwickelt, beschädigtes Bargeld zu sammeln und weiterzuverkaufen", sagt Notenbanker Taborsky. Details könne er noch keine nennen, da gerade Untersuchungen zu dem Thema laufen. Es gebe jedoch Umschlagstellen im Ausland, an denen beschädigtes Cash unter dem Nominalwert verkauft wird, mit dem Hinweis, dass man es bei der OeNB kostenfrei umtauschen kann. "Wenn Geld unter Nominale verkauft wird, hat’s meistens etwas", sagt Taborsky. Das würden aber viele nicht hinterfragen.

Zum Schilling-Tausch muss man in die OeNB. Der Schilling-Schalter hat täglich geöffnet.
Foto: Christian Fischer

Nachdem die österreichisch-ungarische Monarchie in der Folge des Ersten Weltkriegs zerfallen war, verlor auch die damalige Währung, die Krone, an Wert. Im Jahr 1924 wurde der Schilling offiziell als Währung beschlossen. Österreich folgte einer strikten Hartwährungspolitik. Der Schilling entwickelte sich zu einer der stabilsten Währungen Europas und trug den Spitznamen "Alpendollar", heißt es bei der Münze Österreich. Während des Zweiten Weltkriegs wurde die deutsche Reichsmark eingeführt, seine Gültigkeit erhielt er Ende November 1945.

Heizen mit Banknoten

Heutzutage tragen alte Schilling-Banknoten sogar einen kleinen Teil dazu bei, Wohnungen in Österreich zu heizen. "Scheine werden geschreddert und in weiterer Folge zu Biomasse für Fernwärme verarbeitet", erklärt Taborsky. Auch Münzen würden recycelt, je nachdem, aus welchem Material sie bestehen. "Zehn-Groschen-Stücke werden zu Aluminiumdosen."

Sind Schilling einmal bei der OeNB angekommen, darf die Notenbank sie nicht mehr hergeben. Es dürfte aber nach wie vor einen Markt für die alte Währung geben. Die Verkaufsplattform Willhaben.at spuckt beim Suchbegriff Schilling mehr als 11.000 Treffer aus, stundenlang kann man sich durch das Münz- und Scheinangebot klicken. Auch Menschen, die alte Flipper-Automaten oder Wurlitzer zu Hause haben, dürften noch Verwendung für Münzen finden.

Schilling-Scheine sind zu einem großen Teil umgetauscht. Bei den Münzen ist nur rund die Hälfte zurückgegeben worden. Diese kann man aber auch für alte Automaten nutzen.
Foto: Christian Fischer

In den ersten Jahren nach der Euro-Einführung tauchten immer wieder Meldungen auf, dass zum Beispiel in Lokalen noch mit Schilling bezahlt werden könne. "Dabei handelte es sich meistens um Promo-Aktionen wie 'Gib mir zehn Schilling oder zehn Euro'. Mittlerweile gibt es so etwas kaum noch", erinnert sich Taborsky. Eine gesetzliche Regelung, dass man keine Schilling akzeptieren darf, gibt es nicht. "Wer ein Unternehmen führt, kann sich auch in Muscheln bezahlen lassen", scherzt der Notenbanker. Gesetzlich geregelt ist allerdings, dass man den Euro als Zahlungsmittel annehmen muss. (Andreas Danzer, 28.9.2022)