Bei Tesla wurde der Großteil der Mitarbeiter in der Abteilung für die "Autopilot"-Entwicklung vor die Tür gesetzt.

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Es war kein einfaches Jahr bisher, auch für die IT-Branche. Während Russland bereits seit vergangenem Jahr die Energiepreise anziehen lässt und der Krieg in der Ukraine für großes menschliches Leid und Turbulenzen auf den Weltmärkten sorgt, plagen sich manche Konzerne auch abseits davon mit Herausforderungen.

Eine Reihe von Unternehmen aus dem Tech-Sektor hat im Lauf dieses Jahres daher bereits zahlreiche Mitarbeiter vor die Tür gesetzt. Neben bekannten Konzernen aus den USA befinden sich darunter auch Firmen aus Österreich. Eine Auswahl.

Tesla

Elon Musk, das Enfant terrible in der Riege der Tech-Manager, weiß zumindest, wie man dafür sorgt, dass die eigenen Firmen bekannt bleiben. Nämlich indem man regelmäßig für Schlagzeilen gut ist. Im Fall des von ihm übernommenen E-Auto-Herstellers Tesla fallen diese aber nicht immer positiv aus. Unfälle in Verbindung mit dem semiautonomen Fahrmodus "Autopilot" haben das Unternehmen ins Visier der US-Behörden gerückt. Und die Turbulenzen rund um die ursprünglich von Musk angestrebte Twitter-Übernahme wirkten sich negativ auf den Kurs von Tesla aus.

Inmitten des Dramas vermeldete der Fahrzeugbauer schließlich im Juni eine drastische Kürzung für die "Autopilot"-Abteilung. 65 Prozent der mit der Technologie befassten Mitarbeiter – 229 von 350 Angestellten – mussten gehen, gleichzeitig wurde das Büro im kalifornischen San Mateo dichtgemacht. Laut Musk sind diese Entlassungen von entscheidender Notwendigkeit für das langfristige Wachstum des Unternehmens. Das Tauziehen um den Twitter-Deal setzt sich bis heute fort.

Coinbase

Für die Kryptowelt begann das Jahr 2022 nicht gut. Weltwirtschaftliche Entwicklungen und die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs ließen auch digitale Währungen nicht unbeeindruckt. Schien die Leitwährung Bitcoin den Entwicklungen zuerst einigermaßen gut zu widerstehen, so halbierte sich der Kurs zwischen April und Juni und pendelt seither um die 20.000-Dollar-Marke. "Szene-interne" Entwicklungen, wie etwa der Crash der Terra-Blockchain, trugen ebenfalls zu diesem Verfall bei.

Große Hoffnungen waren auch ins Geschäft mit Non-Fungible Tokens gesetzt worden. Doch das Konzept eines quasi unfälschbaren digitalen Originalitäts- oder Besitznachweises scheint keine langfristige Strahlkraft zu besitzen. Nach einigen Monaten des Hypes brach dieser Markt weitestgehend zusammen. Für teilweise um hunderttausende Dollar erworbene NFT-besicherte Werke zahlten Interessenten nur noch einen Bruchteil.

Dienstleister im Kryptogeschäft blieben vom "Kryptowinter" freilich nicht unberührt. Coinbase, eine der größten Handelsplattformen für Digitalwährungen, kündigte im Juni einen Abbau von 18 Prozent des Personals an. Dieser sei aufgrund der unsicheren Geschäftsaussichten und der zu optimistischen Wachstumsprognosen für die eigene Firma nötig. 1.100 Mitarbeiter verloren ihre Stelle. Es hagelte auch zahlreiche Beschwerden von Menschen, die aufgrund einer Zusage von Coinbase bereits ihren alten Job gekündigt hatten und nun vor einem Scherbenhaufen standen.

Bitpanda

Auch für die österreichische Kryptowährungs-Handelsplattform Bitpanda wurde es ungemütlich. Nachdem man in den Monaten zuvor noch Stabilität suggeriert hatte, platzte Ende Juni schließlich die Bombe. Rund ein Viertel der Angestellten müsse gehen, verlautbarte man, von mehr als 1.000 Beschäftigten werde auf 730 reduziert.

Im Nachgang setzte es aber heftige Kritik von ehemaligen Mitarbeitern. Diese stellten in den Raum, dass der Personalstand höher war und deutlich mehr Leute gekündigt wurden als behauptet, was Bitpanda als "Spekulation" zurückwies. Auch die Art und Weise der Trennung von den Mitarbeitern wurde kritisiert. Demnach mussten die Mitarbeiter am Stichtag bis 16 Uhr ausharren, um zu erfahren, ob sie bleiben konnten oder gehen mussten. Die Betroffenen seien bereits fünf Minuten später aus allen Systemen ausgeloggt und kurz darauf vom Sicherheitsdienst aufgefordert worden, das Büro zu verlassen.

Snap

Monatelang hatte Snap mit finanziellen Turbulenzen gekämpft und massive Einbrüche des Aktienkurses verzeichnet. Das zweite Quartal 2022 bescherte der Firma die schlechtesten Zahlen seit sechs Jahren. Am letzten Augusttag schließlich vermeldete man, dass man sich aufgrund der schlechten Umsatzprognosen und einer notwendigen Restrukturierung von gut 20 Prozent seiner Mitarbeiter trennen werde.

Einige Jahre hatte Snap mit Snapchat massiven Zulauf erfahren und insbesondere Metas Plattformen Facebook und Instagram zugesetzt. Letztere rüstete allerdings auf und zog mit neuen Features nach, die, vorsichtig formuliert, klar von Snapchat inspiriert waren. Dem nicht genug, gesellte sich mit Tiktok ein neuer, boomender Konkurrent hinzu. Sinkende Tarife für digitale Werbeformen taten ihr Übriges.

Damit konsolidiert sich das Unternehmen, das sich in Sachen Mitarbeiter seit 2020 beinahe verdoppelt hat. Insgesamt müssen mehr als 1.000 Angestellte gehen.

Robinhood

Mit der Kursrallye der Aktie des angeschlagenen Videospiel-Retailers Gamestop machte die Finanzplattform Robinhood von sich reden, die sich selbst als "Demokratisierer" des Geldwesens versteht. Dem Memestock-Hype folgte allerdings ein katastrophaler Börsengang, schon am ersten Handelstag setzte es Kurseinbußen von 8,4 Prozent.

Da man auch im Kryptohandel tätig ist, bekam man heuer auch diese Entwicklungen zu spüren. Der massive Druck blieb nicht ohne Folgen. Heuer setzte es gleich zwei Entlassungsrunden. Im April setzte man neun Prozent der Angestellten vor die Tür. Anfang August kündigte man den Abbau weiterer 23 Prozent der Stellen an. Effektiv hat man damit den Personalstand in diesem Jahr fast um ein Drittel verringert. Das Unternehmen soll Anfang 2022 rund 3.800 Mitarbeiter gehabt haben, dementsprechend erwischte es auch hier wohl mehr als 1.000 Stellen.

Zu einem relevanten Kostenfaktor ist auch behördlicher Ärger geworden. Irreführende Werbung, mangelnde Sicherheit und diverse regulatorische Verstöße summieren sich mittlerweile auf über 110 Millionen Dollar an Strafzahlungen und außergerichtlichen Einigungen.

Gostudent

Als Hoffnungsträger unter Österreichs Start-ups gilt die Nachhilfe-Vermittlungsapp Gostudent. Erst Anfang des Jahres konnte man in einer Finanzierungsrunde mit 300 Millionen Euro an frischem Kapital einen neuen Rekord für österreichische Jungfirmen aufstellen. Doch seither lief längst nicht alles rosig.

Neben Kritik ehemaliger Tutorinnen und Tutoren, die hohen Druck und schlechte Arbeitsbedingungen bemängelten, wurden jüngst auch Missbrauchsvorwürfe gegen einen Nachhilfelehrer publik. Obendrein blieb man auch von den wirtschaftlichen Turbulenzen der letzten Monate nicht unberührt.

Vor wenigen Tagen nun kündigte man zwei Maßnahmen an. Aufgrund steigender Inflation und immer schwierigeren Zugangs zu Kapital setze man strukturelle Maßnahmen und reduziere die Zahl der Mitarbeiter, um künftig langsamer und geordneter zu wachsen. Dafür dreht man die eigene Präsenz in den USA ab und lässt das Geschäft von Kanada aus betreuen. Der geschäftliche Fokus wird auf Europa verlagert.

Und von den 1.800 Mitarbeitern werden bis Jahresende 200 verabschiedet. Das entspricht einer Reduktion um mehr als zehn Prozent.

iRobot

Schiefe Optik gibt es auch beim für seine Roomba-Staubsaugroboter bekannten Hersteller iRobot. Denn Ende August gab man einen Deal mit Amazon bekannt. Der IT-Riese will iRobot für rund 1,7 Milliarden Dollar schlucken, um sein eigenes, stetig wachsendes Portfolio an smarter Heimtechnik auszubauen.

Am gleichen Tag vermeldete iRobot inmitten der Aufregung rund um die Übernahme auch, dass man zehn Prozent der Angestellten entlassen werde. Im Zuge einer Restrukturierung müssen sich damit rund 140 Mitarbeiter einen neuen Job suchen. Nach Angaben des Unternehmens haben aber der interne Umbau und die Entlassungen nichts mit dem Aufkauf durch Amazon zu tun. (gpi, 14.9.2022)