Eine ehemalige Erbsenschälfabrik in Bruckneudorf (Burgenland), die seit 2016 zu einem neuen Gemeindezentrum mit Hauptplatz, Volksschule und mehrgeschoßigen Wohnhäusern umgebaut wird; alte Lagerhallen und Bürotrakte in Asten (Oberösterreich), die zu einer Wohnsiedlung mit 300 Wohneinheiten in 14 Häusern umgebaut werden und eine "attraktive Alternative zum Einfamilienhaus" darstellen sollen; und ein ehemaliges Lager des Universal-Versandhauses im Gewerbegebiet Bergheim in Salzburg, aus dem eine gemischt genutzte Gewerbeimmobilie mit u. a. Büros und Coworkingflächen wurde: Diese drei Projekte wurden am Dienstag anlässlich des ersten "Brachflächengipfels" des Klimaschutzministeriums in Wien mit dem neuen "Erdreich-Preis" ausgezeichnet, und zwar in der Kategorie "Flächenrecycling".

Hauptplatz in der "Erbse"

Zuvor waren die drei Projekte auf dem Gipfel vorgestellt worden. Was auffiel: Bei zwei davon – Bruckneudorf und Asten – sind gemeinnützige Bauträger federführend involviert, nämlich die Genossenschaften OSG (Bruckneudorf) und WSG (Asten). Ausgezeichnet wurden die Gemeinde Bruckneudorf, die WSG sowie das Architekturbüro Smartvoll für das Projekt in Bergheim, bei dem ein privater Investor tätig ist.

Das Projekt in Bruckneudorf, bei dem unter anderem zwei alte Silos in Wohntürme umgewandelt werden. Das Gesamtprojekt entsteht in planerischer Zusammenarbeit von Die Landschaftsplaner (Außenanlage und Freiräume), ARGE Pesendorfer Machalek Dolmanits Architekten (Schule und Silo) sowie Architekt Werner Thell (Wohnhausanlage und Reihenhäuser).
Visualisierung: ARGE Pesendorfer Machalek Dolmanits Architekten

In Bruckneudorf sei die Schule nun fertig, mit dem Wohnbau werde gerade begonnen, erklärte Ralf Wunderer von "Die Landschaftsplaner", einem Planungsbüro, das schon länger für die Gemeinde Bruckneudorf tätig ist. Und auch die beiden 43 Meter hohen Betonsilos werden in Wohnhochhäuser umgewandelt, samt Skybar im obersten Geschoß.

Das vier Hektar große Areal mitten im Ort sei rund 20 Jahre lang brachgelegen, ehe sich die Gemeinde zu einer Neuentwicklung entschloss, sagte Wunderer. Positiver Nebeneffekt: "Es gibt jetzt erstmals einen Hauptplatz." Größte Herausforderung für die Gemeinde sei es gewesen, "in Vorleistung zu gehen", mit Machbarkeitsstudie, städtebaulichem Leitbild und mit der Kommunizierung der Ideen. So habe man mit der Oberwarter Siedlungsgenossenschaft (OSG) schließlich auch "den richtigen Projektpartner gefunden".

Im obersten Stock der Silo-Wohntürme ist auch eine Skybar geplant.
Visualisierung: ARGE Pesendorfer Machalek Dolmanits Architekten

Bürgermeister gefordert

Beim WSG-Projekt in Asten sei wiederum die Grundstücksakquise die größte Herausforderung gewesen, sagte Stefan Hutter, Vorstandsobmann der Genossenschaft mit Sitz in Linz. "Die glauben alle, ihr Grundstück ist eine Sparkassa", sparte Hutter nicht mit Kritik am vorherrschenden Anlagedenken von Grundstückseigentümern.

Sein Unternehmen baue bereits zur Hälfte auf Brachflächen, berichtete er – und sieht noch viel Potenzial. Gefordert wären aus seiner Sicht insbesondere Bürgermeister und Amtsleiter ("die sind ja oft die heimlichen Bürgermeister"), um Neuentwicklungen auf Brachflächen voranzutreiben.

Für Christian Kircher vom Architekturbüro Smartvoll, das die Salzburger Hallen umgestaltet, sind ebenfalls die Gemeinden gefordert – weil es oft ein Widmungsthema sei, wie eine Brache neu genutzt werden könne. Wohnungen oder Sportanlagen seien deshalb etwa bei dem Projekt in Bergheim nicht möglich gewesen.

Auszeichnungen auch für Flächensparprojekte

Der Erdreich-Preis soll nun alle zwei Jahre verliehen werden. Insgesamt gab es heuer 47 Einreichungen in fünf Kategorien. Die weiteren lauteten "Bodengesundheit", "Partizipation", "Kommunale Vorreiter" sowie "Flächensparen". In Letzterer hat sich die Initiative "ImmoUp Ried" den Preis geholt, die Maßnahmen zur Revitalisierung leerstehender Objekte im Rieder Stadtkern umsetzt. Und für ihr Konzept eines bezirksweiten interkommunalen Finanzausgleichs bei Betriebsansiedelungen wurde die "Inkoba Region Freistadt" ausgezeichnet, außerdem wurden auch die Bestrebungen zum innerörtlichen Erhalt der Volksschule Raxendorf mit einem Preis gewürdigt.

Der Brachflächendialog wurde im Vorjahr vom Klimaschutzministerium ins Leben gerufen, um dem hohen Bodenverbrauch in Österreich endlich den Kampf anzusagen. Er liege nach wie vor bei etwa zwölf Hektar pro Tag, sagte Christian Holzer, Sektionschef im Klimaschutzministerium. "Wir sind Vorreiter im negativen Sinn, sollten wirklich was tun." Eine Bodenschutzstrategie ist, wie berichtet, in Bearbeitung; wann sie fertig ist und präsentiert werden kann, ist offen. Im Oktober 2021 wollte man sich ein Jahr dafür Zeit geben.

Gipfel alle eineinhalb Jahre geplant

Der Brachflächengipfel soll nun alle eineinhalb Jahre stattfinden und unter anderem für einen Wissensaustausch und einen Know-how-Transfer sorgen, wie Christian Janitsch, im Klimaschutzministerium direkt für den Brachflächendialog verantwortlich, erklärte. Und Ziel ist auch, überhaupt einmal eine einheitliche Definition von Brachen zu finden. Janitsch sprach von "baulich vorgenutzten Strukturen", die es jedenfalls zu nutzen gelte. Eine Studie aus dem Jahr 2004, die dann im Jahr 2017 überprüft wurde, habe ergeben, dass diese Brachen in Österreich eine Fläche von mindestens 100 Quadratkilometer einnehmen würden. Niemand habe aber einen wirklichen Überblick.

Astrid Rössler, grüne Nationalratsabgeordnete und frühere Salzburger Raumordnungslandesrätin, wies in ihrer Keynote darauf hin, dass man den Bodenverbrauch eigentlich "mal zwei rechnen muss": Zur hohen Flächeninanspruchnahme von jährlich 44 Millionen Quadratmetern falle jedes Jahr durch die Bautätigkeit auch ein Aushubmaterial von rund 42 Millionen Tonnen an. "Das verbraucht nochmals Landschaft zum Deponieren." Schon jetzt seien viele der österreichischen Biotope stark gefährdet – konkret 248 der in Österreich nachgewiesenen 488 unterschiedlichen Arten.

Eine Reduktion des täglichen Verbrauchs von zwölf auf 2,5 Hektar würde bedeuten, dass die jährliche Inanspruchnahme von den bereits erwähnten 44 Millionen Quadratmetern bzw. 44 Quadratkilometern auf neun Quadratkilometer reduziert werden muss. Brachflächen seien dafür ideal geeignet, sagte Holzer. "In diese Liegenschaften sind bereits volkswirtschaftliche Investitionen geflossen." Sind diese ungenutzt, seien diese Investitionen "frustriert", also nutzlos, wie Holzer unter Verwendung eines rechtstechnischen Begriffs erläuterte.

Einfache Rechnung

Und Rössler griff den Zielwert von neun Millionen Quadratmetern pro Jahr auf, um anhand der aktuellen österreichischen Bevölkerungszahl vorzurechnen: "Ein Quadratmeter pro Person und Jahr – mehr Boden dürfen wir nicht mehr verbrauchen." (Martin Putschögl, 15.9.2022)