Seit dieser Woche ist ein an die neuen Corona-Varianten angepasster Impfstoff verfügbar.
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Österreicherinnen und Österreicher haben derzeit die Qual der Wahl, was den Impfstoff für die nächste Corona-Impfung angeht. Verfügbar ist einerseits das "alte" Vakzin gegen die ursprüngliche Variante des Virus, seit kurzem gibt es aber auch den ersten angepassten Impfstoff, der speziell für neuen Varianten konzipiert wurde.

Doch die Variante BA.1, gegen die das neue Vakzin von Biontech/Pfizer wirkt, ist in Österreich gar nicht mehr dominant, was die Entscheidung erschwert. Für den klinischen Pharmakologen Markus Zeitlinger ist die Sache dennoch klar: "Ich würde keine zwei Monate warten." Liegen alle drei Seren vor ihm auf dem Tisch, würde sich der Fachmann für den neuesten Impfstoff entscheiden.

Die beiden neueren Seren sind bivalente Impfstoffe, die neben den Wirkstoffen gegen BA.1 beziehungsweise BA.4/BA.5 zur Hälfte auch jenen gegen das Ursprungsvirus enthalten. Dies laut Zeitlinger deshalb, weil sich die neuen Varianten jeweils aus diesem entwickelt haben. Und so sei man auch gegen weitere Mutationen besser geschützt.

Warum gibt es dann keinen Impfstoff, der sowohl gegen die Ursprungsvariante als auch gegen BA.1 sowie BA.4/BA.5 wirkt? Weil man die Menge der Wirkstoffe nicht zu sehr erhöhen kann. Das würde Unverträglichkeiten hervorrufen. Andererseits lässt sich die Gesamtmenge nicht auf zu viele Bestandteile aufteilen, weil man sonst nicht den gewünschten Effekt erzielen würde, so der Fachmann.

Geringer Unterschied

Der Unterschied zwischen dem Ursprungsimpfstoff und BA.1 sei zudem nicht sehr groß. Hatte man vor dem Booster einen Titer-Wert von 500 und waren es nach der Boosterimpfung mit dem Originalimpfstoff 5.000, so betrug der Titer-Wert beim angepassten BA.1-Impfstoff danach 7.500. "Das macht das Kraut nicht fett", sagt der Experte. Der für BA.4/BA.5 optimierte Impfstoff sollte laut Zeitlinger noch besser wirken, allerdings gibt es dafür keine klinischen Daten, da dieser Impfstoff nach dem Verfahren analog zur Grippeimpfung und deren Stämmen zugelassen wurde. "Ausgehend von den Erfahrungen mit BA.1 wird BA.4/BA.5 besser wirken, aber man weiß es noch nicht. Aber es wird kein Riesenunterschied sein."

Womit man sich impfen lassen soll, sei eine individuelle Entscheidung. Bereits in der nächsten Woche sollen in Österreich hunderttausende BA.1-Impfstoffe zur Verfügung stehen – "und ich würde mich extrem wundern, wenn man sich das nicht aussuchen könnte". Es spreche auch nichts dagegen, sich nach dem Booster mit BA.1 in drei, vier Monaten die nächste Auffrischung mit dem dann aktuellen Impfstoff zu holen. Vielleicht gebe es dann schon wieder die nächste Variante, so Zeitlinger.

Für die Impfstoffentwickler ist es ein Wettlauf mit der Zeit – während das Zulassungsverfahren noch läuft, mutiert das Virus oft bereits weiter und macht im schlimmsten Fall den Impfstoff wirkungslos, noch bevor er auf dem Markt ist. Beim neuen, "bivalenten" Wirkstoff von Biontech/Pfizer ist eine Wirkung gegen den Ursprungsstamm aber ebenso gegeben wie gegen die Variante BA.1. Auch gegen die aktuell dominanten Varianten wird von einer höheren Wirksamkeit ausgegangen als bei den Impfstoffen der ersten Stunde. (red, APA, 14.9.2022)