Der 26-jährige Unfallfahrer wurde enthaftet, teilte eine Sprecherin des Landesgerichts für Strafsachen mit.

Foto: APA/HANS PUNZ

Nach dem tödlichen Autounfall am Sonntag in der Wiener Innenstadt ist der Mann, der für den Crash verantwortlich sein soll, wieder auf freiem Fuß. Gegen ihn wurde keine U-Haft verhängt, der 26-Jährige wurde am Mittwoch enthaftet, teilte Christina Salzborn, Sprecherin des Landesgerichts, mit. Ermittelt wird gegen ihn weiterhin wegen Paragraf 81 Strafgesetzbuch (grob fahrlässige Tötung), was mit bis zu drei Jahren Haft geahndet werden kann.

Das Gericht fand demnach keine Haftgründe für den 26-Jährigen. Er ist bisher unbescholten und lebt seit einigen Jahren in Belgien. Mit dem EU-Staat hat Österreich ausgezeichnete Rechtshilfeabkommen, der Mann darf somit in seine belgische Heimat zurückkehren und dort den Fortgang des Verfahrens abwarten.

Zeuge bestreitet illegales Rennen

Der 26-Jährige sowie der zweite beteiligte Pkw-Fahrer – ein 30-jähriger Österreicher – bestritten in ihren Einvernahmen, dass es sich um ein illegales Autorennen gehandelt habe. Der Unfall ereignete sich gegen 19.45 Uhr am Schottenring. Beide fuhren mit ihren PS-starken Autos entlang des Rings, als sie zu einer roten Ampel bei der Wiener Börse kamen. Während der 30-Jährige mit seinem BMW anhielt, fuhr der 26-Jährige mit seinem Mercedes über die Kreuzung und krachte in den Pkw einer 48-Jährigen, die tödlich verletzt wurde. Der 30-Jährige, der nach wie vor als Zeuge geführt wird, gab laut Polizei in seiner Einvernahme an, dass für ihn die rote Ampel ersichtlich war.

Die Frau wurde in ihrem stark beschädigten Auto eingeklemmt und musste von der Berufsfeuerwehr geborgen werden. Nach der notfallmedizinischen Versorgung durch die Berufsrettung wurde sie in den Schockraum eines Spitals gebracht, wo sie ihren schweren Verletzungen erlag.

Gleich nach dem Unfall wurde der 26-Jährige festgenommen und in eine Justizanstalt gebracht, da die Ermittlungen auch in Richtung illegales Autorennen gingen. Die Staatsanwaltschaft Wien stellte daraufhin einen Antrag auf die Verhängung der Untersuchungshaft. Mittlerweile gehen die Justizbehörden offenbar aber nicht davon aus, dass es ein verabredetes Rennen war.

Ein Video, das von einem hinter den involvierten Fahrzeugen fahrenden Auto aus aufgenommen worden war, hatte das Geschehen dokumentiert. Mit welcher (Höchst-)Geschwindigkeit die beiden unterwegs waren, war vorerst unklar und ist Gegenstand von Ermittlungen.

Bei dem 26-Jährigen handelt es sich um einen syrischen Staatsbürger mit belgischem Führerschein, der nicht in Wien wohnhaft ist. Laut Polizei hat er angegeben, als Tourist hier zu sein. Das Auto war auf ihn zugelassen. Eine Amtsärztin stellte fest, dass der junge Mann nicht nur offenbar zu schnell, sondern auch übermüdet unterwegs gewesen sei.

Härtere Maßnahmen gefordert

In den vergangenen drei Jahren war in Österreich zu hohe Geschwindigkeit die Ursache von 293 tödlichen Verkehrsunfällen. "Raser sind ein Sicherheitsrisiko, vor dem die Bevölkerung besser als bisher geschützt werden muss. Toleranz ist hier völlig fehl am Platz", sagt Michael Schwendinger vom Verkehrsclub Österreich (VCÖ) und fordert zum wiederholten Male härtere Maßnahmen gegen Raser. Der VCÖ will "verstärkte Kontrollen, eine Erhöhung der Strafen und die Aufnahme von Tempodelikten in das Vormerksystem." Auch solle es, so wie beispielsweise in der Schweiz, auch bei uns künftig möglich werden, das Fahrzeug zu beschlagnahmen.

Die Polizei schätzt, dass die Szene der Raser allein in Wien rund 800 bis 1000 Menschen umfasst. Zwischen April und September habe es 23 Schwerpunktkontrollen gegeben. Dabei wurden mehr als 6000 Anzeigen wegen Schnellfahrens ausgestellt und 23-mal der Führerschein entzogen. Rechnet man das auf die geschätzte Anzahl der Raser um, wurde gerade einmal rund drei Prozent von ihnen die Fahrerlaubnis entzogen. Einzelne wurden allerdings schon 20 Minuten nach der Führerscheinabnahme wieder beim Rasen aufgegriffen. (APA/glu, 14.9.2022)