Erstmals seit zwei Jahren atmet Chinas Präsident Xi wieder ausländische Luft – wenn auch durch eine Maske.

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Allein die Tatsache, dass Xi Jinping bei seiner ersten Auslandsreise seit der Corona-Pandemie auch den russischen Präsidenten Putin trifft, sagt vieles. Zweieinhalb Jahre hat der chinesische Präsident sein Land nicht mehr verlassen. Jetzt, inmitten des Ukraine-Konflikts, traf er am Donnerstag im usbekischen Samarkand auf seinen Amtskollegen Putin.

Putin lobte am Donnerstag am Rande des Gipfels der Shanghai Cooperation Organisation (SCO) in Usbekistan die "ausgewogene" Haltung von Xi zum Krieg in der Ukraine. Er erhoffe sich einen neuen Impuls zur Vertiefung der russisch-chinesischen Partnerschaft, erklärte das russische Staatsoberhaupt bei dem Treffen mit Xi. China hat die Sanktionen des Westens gegen Russland verurteilt und Verständnis für das Vorgehen Putins in der Ukraine gezeigt.

Xi nannte Putin einen "alten Freund" und kündigte an, China werde mit Russland zusammenarbeiten, um "Stabilität und positive Energie in eine chaotische Welt" zu bringen. Putin betonte mit Blick auf den Taiwan-Konflikt, Russland unterstütze die "Ein-Land-Politik" Chinas und lehne die westlichen "Provokationen" ab.

Wiedersehen

Putin und Xi hatten sich zum letzten Mal im Februar dieses Jahres bei den Olympischen Winterspielen in Peking gesehen. Wenige Tage vor der Invasion der Ukraine hatten die beiden Staatschefs hier noch ihre "ewige Freundschaft" beschworen. Peking vermeidet seit Beginn des Krieges, sich eindeutig zu positionieren.

Immer wieder hatte man eine diplomatische Lösung des Konflikts angemahnt, sich aber an den Wirtschaftssanktionen gegen Russland nicht beteiligt. Im Inland dagegen mahlen die Mühlen der Propagandapresse: Hier gibt man eindeutig der Nato die Schuld an der Eskalation des Konflikts. Das Treffen mit Putin und anderen asiatischen Staatschefs wirkt nun so, als wolle man einen Gegenblock zum Westen formen.

Zwei neue Mitglieder sind fix

Bei der zweitätigen Konferenz in Samarkand sprechen die Staatschefs der Shanghai Cooperation (SCO) über die Neuaufnahme von Mitgliedern. Dass die Regimes von Iran und Belarus dem Bündnis beitreten, gilt als ausgemacht.

Die SCO wurde 2001 kurz nach den Terroranschlägen vom 11. September gegründet. Die chinesischen und russischen Führungen erkannten damals die Zeichen der Zeit und schlossen eine Kooperation unter dem Vorwand der Terrorismusbekämpfung. Mittlerweile gehören auch Indien und Pakistan dem Verbund an. Keines der Länder beteiligt sich an den westlichen Sanktionen, und jedes kauft derzeit russisches Erdöl zum Diskontpreis. Russland dagegen braucht dringend Chips, Maschinen und Ersatzteile aus China.

Wichtige Einnahmen

Während die Energieimporte Chinas aus Russland in den ersten acht Monaten dieses Jahres um 50 Prozent gestiegen sind, nahmen die russischen Importe aus China aber nur um acht Prozent zu. Trotzdem sind die Deviseneinnahmen für Moskau wichtig. Sollten die USA allerdings tatsächlich eine Preisobergrenze für russisches Öl durchsetzen wollen, könnte dies zu einer globalen Eskalation führen. Gleichzeitig reist Li Zhanfu, die Nummer drei der chinesischen Führung, nach Südkorea, in die Mongolei und nach Nepal. Dort drückte er sein "vollstes Verständnis für Russland und seine Aktionen" aus.

Angesichts der sich anbahnenden Blockbildung sollte allerdings auch nicht vergessen werden, dass die Motive von China und Russland nur bedingt deckungsgleich sind. Zwar streben beide eine multipolare Weltordnung mit entsprechenden Einflusssphären an und wollen beide den Status des US-Dollar als Leitwährung beenden. Gerade in Zentralasien aber haben Moskau und Peking gegenteilige Interessen. Während Russland auf eine Art "Sowjetunion light" mit politischem Einfluss hinarbeitet, sind die zentralasiatischen Staaten auch Teil der "Neuen Seidenstraße". Hier erschließt sich Peking mit Investitionen in die Infrastruktur neue Märkte und sichert sich Rohstoffvorkommen.

Schwärmerische Staatspresse

Vor dem Treffen in Usbekistan war Xi in Kasachstan zu Besuch, wo ihm Präsident Tokayev den Orden des Goldenen Adlers verlieh, während die chinesische Staatspresse von weiteren "30 goldenen Jahren der gegenseitigen Beziehungen" schwärmte. Für Kasachstan und die Nachbarstaaten ist China der wichtigere Handelspartner. Zwischen Indien und China wiederum war es 2020 zu militärischen Auseinandersetzungen über den Grenzverlauf im Himalaja gekommen. Der eurasische Block autoritärer Staaten also ist poröser, als er scheint. (Philipp Mattheis, red, 15.9.2022)