In der Praxis sind Insichgeschäfte bzw. Geschäfte mit nahestehenden Personen bei den circa 3.000 in Österreich errichteten Privatstiftungen keine Seltenheit. Vorstandsmitglieder befinden sich dabei typischerweise in einem Interessenkonflikt. Einerseits haben sie Interessen der Stiftung zu wahren, andererseits bestehen Eigen- oder Fremdinteressen. Hinzu kommt, dass Privatstiftungen über keine Eigentümer verfügen, welche die Geschäftsleitung kontrollieren.
Als Schutzmechanismus hat der Gesetzgeber die vermehrte Einbindung des Gerichts vorgesehen: So bedürfen Insichgeschäfte der Privatstiftung, sofern diese über keinen Aufsichtsrat verfügt, einer Genehmigung aller Vorstandsmitglieder und des Gerichts (§ 17 Abs 5 PSG). Tatsächlich verfügen nur wenige Stiftungen über einen Aufsichtsrat, weshalb die Regelung von besonderer Bedeutung ist.
Gemeinnütziger Nachlass
Eine erfolgreiche Wiener Künstlerin, die kinderlos geblieben war, wollte ihr umfangreiches Œuvre für die Nachwelt erhalten. Daher sorgte sie zu Lebzeiten vor und errichtete eine Privatstiftung von Todes wegen. Eine solche wird durch letztwillige Verfügung errichtet und entsteht erst nach Ableben der Stifterin. Die Künstlerin setzte die gemeinnützige Stiftung als Alleinerbin ein und widmete ihr das gesamte Privatvermögen, darunter zahlreiche Kunstwerke.
Ausweislich der Stiftungsurkunde ist es der Zweck, für die "Erhaltung und die öffentliche Präsentation des Lebenswerks der Stifterin auf dem Gebiet der Malerei, Grafik, Skulptur und Film zu sorgen und ihr künstlerisches Werk für die Allgemeinheit zu erhalten". Dessen Erfüllung war nach dem Ableben der Künstlerin die Aufgabe des Stiftungsvorstands.
Der einschlägig besetzte Stiftungsvorstand beschloss, zahlreiche Gemälde über drei Galerien zu veräußern. Jede dieser Galerien wurde von einem Mitglied des Stiftungsvorstands beherrscht und sollte auch einen Teil des Verkaufspreises als Provision erhalten. Es war somit nicht ausgeschlossen, dass die betreffenden Vorstandsmitglieder am Verkauf der Gemälde ein Eigeninteresse hatten. Daher war von Gesetzes wegen das Gericht einzubinden.
Prüfung und Genehmigung durch das Gericht
Der Stiftungsvorstand meinte, dass der Verkauf der Gemälde und die Auswahl der Käufer allein in seinem Ermessen lag. Der OGH sah dies in der gegenständlichen Entscheidung (OGH 6.4.2022, 6 Ob 45/22v) richtigerweise anders. Nicht nur Insichgeschäfte, sondern auch Geschäfte mit nahestehenden Rechtsträgern – wie jene Galerien der Vorstandsmitglieder – sind vom Gericht zu genehmigen. Wirtschaftlich betrachtet gleicht die Vereinbarung nämlich einem Insichgeschäft mit einem Stiftungsvorstand. Der Verkauf stand somit schon aufgrund der erforderlichen gerichtlichen Genehmigung nicht im alleinigen Ermessen des Stiftungsvorstands.
Das Höchstgericht stellte weiters klar, dass es bei der Prüfung durch das Gericht nicht auf den einzelnen Vertrag ankommt, sondern auf den Gesamtkontext. Konkret war daher nicht nur die Verleihung an die Galerien, sondern auch das dahinterstehende Ziel eines Verkaufs im ostasiatischen Raum relevant. Letztlich steht dies aber im Widerspruch zum Stiftungszweck, da in diesem Markt vorwiegend private Sammlungen und keine öffentlichen Museen bestehen. Die Erhaltung für die Allgemeinheit und die öffentliche Präsentation wären somit durch einen Verkauf des Œuvres nicht gewährleistet. Daher war dem Geschäft die gerichtliche Genehmigung zu versagen.
Im Übrigen hat ein Stiftungsvorstand sein Handeln stets am Stiftungszweck und Stifterwillen auszurichten. Zur Vermeidung von Haftungsrisiken und einer allenfalls notwendigen Rückabwicklung gilt es daher vorab genau zu prüfen, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Geschäftsabschluss zulässig ist. (Florian Dollenz, 15.9.2022)