Der Merge von Ethereum zieht auch steuerrechtliche Konsequenzen nach sich.

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Die Umstellung des Ethereum-Netzwerks von "Proof of Work" auf "Proof of Stake" zieht teilweise auch steuerrechtliche Konsequenzen nach sich. DER STANDARD hat bei Steuerberaterin Natalie Enzinger nachgefragt, worauf Anlegerinnen und Anleger nach dem Merge achten müssen.

Für den reinen ETH-Halter ändert sich aus steuerrechtlicher Sicht zunächst nichts. Das bedeutet, wie beim Halten anderer Kryptowährungen auch, dass Ether mit einem Anschaffungsdatum vor 1. März 2021 als Altvermögen gilt und nach Ablauf der Jahresfrist steuerfrei verkauft werden darf. Anschaffungen ab dem 1. März 2021 fallen unter Neuvermögen und sind bei der Realisierung von Gewinnen gegen ein gesetzliches Zahlungsmittel mit 27,5 Prozent zu besteuern.

ETH-Bestände können an unterschiedlichen, sogenannten Staking-Verfahren teilnehmen, um passive Einkünfte in Form von Rewards zu erhalten. Grundsätzlich ist jede Form des Stakings im Einzelfall steuerlich zu beurteilen. In den meisten Fällen wird eine Besteuerung von 27,5 Prozent fällig, sobald Anleger die Gewinne aus diesen Belohnungen gegen gesetzliche Zahlungsmittel eintauschen.

Verfügungsmacht relevant

Immer zu prüfen ist, ob beim jeweiligen "Staking"-Verfahren, die eine Teilnahme als Validator am Proof of Stake Konsens voraussetzen, eine Verfügung über die Staking Rewards gegeben ist. Belohnungen, die technisch zwar der jeweiligen Wallet-Adresse zugeschrieben werden, die man aber weder umtauschen noch verkaufen kann, sind steuerlich noch nicht zugeflossen. Im Falle der sogenannten "Consensus Layer Rewards" wird eine Verfügung erst durch spätere Updates eingeräumt werden.

"Einnahmen sind einem Steuerpflichtigen erst zugeflossen, sobald er die volle Verfügungsmacht über diese erhält", sagt Steuerexpertin Enzinger. "Ein Zufluss muss sich wirtschaftlich in einer Vermehrung des Vermögens des Steuerpflichtigen niederschlagen. Da auch nach dem Merge hinsichtlich der Consensus Layer Rewards keine Verfügungsmacht besteht, liegen daraus derzeit keine Einkünfte nach dem Einkommenssteuergesetz vor."

Sollte später eine volle Verfügungsmacht eingeräumt werden, sind diese Ether jedenfalls nach dem Inkrafttreten der neuen Rechtslage zugeflossen und sind daher steuerrechtlich als Neuvermögen zu bewerten.

ETH aus "altem" Konsens steuerpflichtig

Für den Fall, dass sich eine Abspaltung ereignen sollte, also dass Miner die Proof-of-Work-Blockchain fortführen und daraus ETH beziehen, sind die Anschaffungskosten zwar mit null zu bewerten. "Werden diese Coins in weitere Folge gegen Euro oder anderes gesetzliches Zahlungsmittel verkauft, unterliegt der Gewinn dem Sondersteuersatz von 27,5 Prozent", sagt Enzinger. (Benjamin Brandtner, 15.9.2022)