Anfang September entzog das russisches Gericht der Zeitung "Nowaja Gaseta" bereits die Drucklizenz.

Foto: epa, TOMS KALNINS

Kiew/Moskau – Die russische Justiz hat der "Nowaja Gaseta", der bekanntesten unabhängigen Zeitung im Land, nun auch die Lizenz für ihre Website entzogen. Russlands Oberster Gerichtshof habe die "Einstellung der Aktivitäten der 'Nowaja Gaseta'-Website als russisches Medium angeordnet", teilte die Zeitung am Donnerstag über Online-Netzwerke mit. Man werde dagegen berufen. Zuletzt wurde der "Nowaja Gaseta" schon ihre Drucklizenz entzogen.

Die Entscheidung wurde demnach auf Antrag der russischen Medienaufsichtsbehörde Roskomnadsor gefällt, die der "Nowaja Gaseta" vorgeworfen hatte, gegen das Gesetz gegen "ausländische Agenten" zu verstoßen. "Wir haben das Recht, gegen die Entscheidung Berufung einzulegen, wir werden dieses sicherlich nutzen", kündigte die Führung der Zeitung in ihrer Erklärung an. Der Chefredakteur der "Nowaja Gaseta", Dmitri Muratow, war vergangenes Jahr mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet worden.

Reporter und Redakteurinnen verließen Russland

Die "Nowaja Gaseta" hatte bereits im März im Zuge der Kampagne gegen Kritiker der russischen Militärintervention in der Ukraine die Veröffentlichung ihrer Print- und Online-Ausgabe eingestellt. Wegen neuer Restriktionen zur Berichterstattung über den Ukraine-Konflikt kündigte sie an, ihre Berichterstattung bis zu dessen Ende auszusetzen. Die meisten Reporter und Redakteurinnen der Zeitung verließen Russland.

Vor eineinhalb Wochen hatte ein Moskauer Gericht der "Nowaja Gaseta" ihre Drucklizenz entzogen. Die Entscheidung erfolgte kurz nach dem Tod des letzten Staatschefs der Sowjetunion, Michail Gorbatschow, der in den 1990er-Jahren bei der Gründung der "Nowaja Gaseta" geholfen hatte.

Unabhängige russische Medien sind seit Jahren großem Druck ausgesetzt. Mit dem Beginn der russischen Militärintervention in der Ukraine hat sich ihre Situation noch einmal verschärft. Mittlerweile wurden alle wichtigen unabhängigen Medien in Russland geschlossen, oder sie haben ihre Tätigkeit im Inland angesichts der Beschränkungen und drohender Repressalien bei der Berichterstattung über den russischen Militäreinsatz eingestellt. (APA, 15.9.2022)