Einer der Steine des Anstoßes: das Banner des indonesischen Künstlerkollektivs Taring Padi mit eindeutig antisemitischen Darstellungen, das noch im Juni wieder abgehängt wurde.

Foto: IMAGO/Peter Hartenfelser

Kassel – Die jüngsten Diskussionen um Antisemitismusvorwürfe gegen die Documenta Fifteen in Kassel werden schärfer. Während sich die Findungskommission für die künstlerische Leitung der Weltkunstschau hinter das indonesische Kuratorenkollektiv Ruangrupa und die teilnehmenden Künstlerinnen und Künstler stellt, hagelt es Kritik vom hessischen Antisemitismusbeauftragten.

"Der von Medien und Politiker*innen auf das gesamte Team der Documenta Fifteen ausgeübte Druck ist unerträglich geworden", teilte die achtköpfige Findungskommission am Donnerstag mit. "Wir lehnen Antisemitismus ebenso ab wie dessen derzeitige Instrumentalisierung, die der Abwehr von Kritik am Staat Israel und seiner derzeitigen Besetzungspolitik palästinensischer Gebiete dient", betonte das Gremium. Gleichzeitig begrüße es "den Pluralismus der Documenta Fifteen und die Möglichkeit, erstmals eine solche Vielfalt künstlerischer Stimmen aus der gesamten Welt zu hören".

Kontextualisierung zurückgewiesen

Die Documenta Fifteen wird schon seit Monaten von Antisemitismusvorwürfen begleitet. Zu deren Aufarbeitung hatten die Gesellschafter der Schau, die Stadt Kassel und das Land Hessen, ein Expertengremium berufen. Dieser Beirat sowie die Gesellschafter hatten sich zuletzt dafür ausgesprochen, die im Rahmen der Documenta gezeigten umstrittenen propalästinensischen Propagandafilme des Subversive-Film-Kollektivs nicht mehr zu zeigen, zumindest bis eine angemessene Kontextualisierung vorgenommen werde. Ruangrupa sowie die Geschäftsführung der Documenta hatten diese Forderungen zurückgewiesen. Ruangrupa warf dem Expertengremium zudem Rassismus und Zensur vor.

Hessens Antisemitismusbeauftragter Uwe Becker hingegen kritisierte die Kuratoren und die Geschäftsführung der Documenta scharf. Sie schienen sich der Dimension ihres Fehlverhaltens nicht bewusst zu sein, sagte er laut Pressemitteilung. Das Expertengremium der Documenta sei ganz unmissverständlich zu der sehr klaren Bewertung gekommen, dass die umstrittene Filmreihe mit den Kommentaren der Künstlerinnen und Künstler terrorismusverherrlichende Propaganda sei und sofort gestoppt werden müsse. (APA, 15.9.2022)