Ungarn will Frauen wie unmündige Kinder behandeln. Eine neue Verordnung von Innenminister Sándor Pintér legt fest, dass beim Buchen einer Abtreibung eine fachärztliche Bescheinigung vorgewiesen werden muss, dass der Frau "die Faktoren, die auf das Vorliegen der Lebensfunktionen des Embryos hinweisen, auf eindeutige Weise zur Kenntnis gebracht wurden". Das wird laut ungarischen Medienberichten bedeuten, dass sich die Frauen die Herztöne des Embryos anhören müssen. Die Idee dazu kam von der rechtsextremen Partei Mi Hazánk – und sie hat sich damit durchgesetzt. Das sind Methoden, die wir von Erzkonservativen und Rechten kennen, die Frauen auf dem Weg zu einem Abbruch Plastikembryos in die Hand drücken.

Hinter dieser Regelung steht die Unterstellung, Betroffene wüssten nicht, was sie tun. Dabei wissen nur sie es. Etwa weil sie schon einmal oder öfter schwanger waren und um die Verantwortung für ein Kind sowie für sich selbst wissen.

In Europa entscheiden die Mitgliedsstaaten über das Recht auf Abtreibung. Doch dort, wo sie erlaubt ist, darf Betroffenen laut Judikatur des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte der Abbruch nicht unnötig schwer gemacht werden. Die EU-Kommission ist also nun gefordert. Regelungen wie diese, die Frauen für Selbstbestimmung bestrafen wollen, sollten auch ein Anstoß sein, das Recht auf Abtreibung in die Charta der Grundrechte der Europäischen Union aufzunehmen. (Beate Hausbichler, 15.9.2022)