Anna Kiesenhofer ist bereit für die WM.

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Wollongong – Wollongong im Südosten Australiens ist dieser Tage der Mittelpunkt der Radsportwelt. An der malerischen Pazifik-Küste fallen bis 25. September elf Straßen-WM-Entscheidungen. Den Anfang machen die Einzelzeitfahren der Eliteklasse mit Anna Kiesenhofer und Christina Schweinberger am Sonntag. Im Kampf gegen die Uhr der Männer ist Österreich nicht vertreten, da fast alle infrage kommenden Fahrer aufgrund von Renneinsätzen in Europa nicht freigestellt worden sind.

Kiesenhofer darf hingegen als EM-Fünfte im Zeitfahren und nach ihren gutem Vuelta-Auftritt mit einem Top-Ten-Ergebnis spekulieren. Zu den Medaillenkandidatinnen zählt die Olympiasiegerin im Straßenrennen und Zeitfahr-WM-17. des Vorjahres aber nicht. Diese werden von Weltmeisterin Ellen van Dijk (NED) und Europameisterin Marlen Reusser (SUI) angeführt. "Ich gehe gelassen ins Rennen, ohne meinen sonst üblichen perfektionistischen Leistungsdruck", wollte sich Kiesenhofer nicht auf ein Ergebnisziel festlegen. Die Vuelta und die anschließenden Reisestrapazen samt Jetlag habe sie jedenfalls gut verkraftet.

Die Strecke bereite ihr aber noch ein wenig Kopfzerbrechen, so die 31-Jährige. Der Kurs "ist wie erwartet sehr technisch mit vielen Kurven und auch einigem Auf- und Ab-Passagen. Normalerweise mag ich ja 'simple' Kurse, wo man einfach nur treten muss, lieber, aber an Herausforderungen wächst man, und so sehe ich die Challenge am Sonntag positiv." Für die EM-Achte Schweinberger kommt es zur WM-Premiere. "Die Vorfreude ist riesig", betonte die Tirolerin vor ihrem ersten von drei Einsätzen.

Der Höhepunkt

Im auf identischer 34-km-Strecke mit 300 Höhenmetern gefahrenen Männer-Rennen tritt Filippo Ganna als Titelverteidiger an. Der Italiener überzeugte im heurigen Saisonverlauf nicht immer. Dementsprechend macht sich die Konkurrenz um den frisch gebackenen Vuelta-Gewinner Remco Evenepoel Hoffnungen, den Weltmeister von 2020 und 2021 das Regenbogentrikot wieder auszuziehen.

Abschließender Höhepunkt der Titelkämpfe sind die Straßenrennen am Schlusswochenende. Kiesenhofer ist da nicht mehr dabei, sie bestreitet aber am Mittwoch noch das Mixed-Teamzeitfahren. Im Straßenrennen warten auf die Frauen 164 Kilometer und 2.400 Höhenmeter. Der Sieg wird einmal mehr über Annemiek van Vleuten führen. Die niederländische Weltmeisterin von 2019 hat heuer mit Giro, Tour und Vuelta alle drei großen Rundfahrten gewonnen. Die drei ÖRV-Teilnehmerinnen sind Christina und Kathrin Schweinberger sowie Carina Schrempf.

Bei den Männer ist über 267 km und fast 4.000 Höhenmeter ein hartes Ausscheidungsrennen vorprogrammiert. Im erwarteten Schlagabtausch auf dem finalen Stadtkurs mit dem Mount Pleasant, der zwölfmal überfahren wird, gelten Belgiens Alleskönner Wout van Aert, Sloweniens Ex-Tour-Champion Tadej Pogacar und der niederländische Klassikerjäger Mathieu van der Poel als heiße Goldtipps. "Ich denke, ich habe schon bewiesen, dass ich an solchen Anstiegen wirklich stark bin", gab sich Van Aert zuversichtlich.

Ob auch Titelverteidiger Julian Alaphilippe (FRA) nach seinem Vuelta-Sturz-Aus mit Schulterluxation bereits wieder mitmischen kann, bleibt abzuwarten. Um das Antreten bangt in seiner australischen Heimat Giro-d'Italia-Sieger Jai Hindley, der laut Twitter-Eintrag seines Teams Bora positiv auf das Coronavirus getestet wurde. Die Österreicher Lukas Pöstlberger, Sebastian Schönberger, Felix Gall und Tobias Bayer sind im Konzert der großen Nationen Außenseiter. (APA, 16.9.2022)