Die Finanzbildung in Schulen erfolgt derzeit eher projektorientiert. In Wien können Lehrer nun auch Finanzcoaches buchen, um den Schülern bestimmte Themen näherzubringen.

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Eines kann vorweggesagt werden: An vielen Stellen in diesem Land ist man sich einig darüber, dass eine ausgeprägte Wirtschafts- und Finanzbildung an Schulen wichtig wäre. Es gibt diesbezüglich viele Initiativen und Einzelprojekte. Banken, die Wiener Börse und engagierte Lehrer übernehmen oft, was bisher keinen fixen Platz im Lehrplan gefunden hat.

Diese Initiativen sind nun um einen Ansatz reichern. Die Bildungsdirektion für Wien stärkt in diesem Schuljahr das Angebot für Finanzbildung und setzt dabei auf mehrere Kooperationspartner. "Finanzkompetenz unterstützt junge Menschen, ein selbstbestimmtes Leben zu führen – mit weniger Geldsorgen und höherer Entscheidungsfähigkeit", betont Bildungsdirektor Heinrich Himmer bei der Vorstellung der Strategie. Gefördert werden soll damit auch die Chancengleichheit, "denn Wissen rund um Geld ist ein wirksamer Schutz vor Armut", sagt Himmer.

Angebot wächst

Abrufbar ist das von der Bildungsdirektion geprüfte Angebot über die Online-Plattform des Wiener Bildungshubs. Derzeit können Lehrer dort auf rund 30 Angebote wie Money Matters, Moneywise, WU 4 Juniors, Euro-Aktiv, die Euro-Kids-Tour der Nationalbank und den Finanzführerschein der Schuldnerberatung Wien zurückgreifen.

Mit dabei ist nun auch die Wirtschaftsuniversität Wien (WU). Das Institut für Wirtschaftspädagogik an der WU hat daher eine Reihe von kostenfreien Finanzbildungsangeboten entwickelt und bildet Studierende der Wirtschaftspädagogik zu Finanzbildungscoaches aus, die von Lehrpersonen an allen Wiener Schulen zur Unterstützung ihres Unterrichts zu vielen verschiedenen Finanzbildungsthemen von Haushaltsplanung und Sparen, sicherem Umgang mit Zahlungsmitteln und Daten bis hin zu Finanzieren und Investieren sowie dem Umgang mit Risiken angefordert werden können. "Die Finanzbildung der gesamten Bevölkerung, insbesondere von Kindern und Jugendlichen, zu fördern sowie Lehrpersonen an Schulen durch Finanzbildungsangebote zu unterstützen, ist der WU daher ein wichtiges Anliegen", sagt Bettina Fuhrmann, Leiterin des Instituts für Wirtschaftspädagogik an der WU.

Individuelle Konzepte

Wünscht sich eine Lehrperson für eine Klasse – egal ob Unter- oder Oberstufe – zu bestimmten Finanzthemen eine Unterstützung, kann sie auf der Website des WU-Instituts einen Finanzbildungscoach anfragen, der für die Klasse ein maßgeschneidertes Unterrichtskonzept entwickelt und umsetzt.

Als erfolgreiches Projekt gilt bereits der Finanzführerschein Wien. Seit Februar 2020 haben sich laut Himmer mehr als 2200 Wiener Schüler von polytechnischen Schulen und Berufsschulen diesen absolviert. Gudrun Steinmann, Leiterin der Finanzbildung bei der Schuldnerberatung Wien, leitet selbst Workshops an Schulen und ist "beeindruckt von den positiven Rückmeldungen der Schüler".

Hinter Money Matters beispielsweise steht die Unicredit Bank Austria, die in Kooperation mit der WU Wien ein Konzept für Schüler ab 14 Jahren entwickelt hat. Mit einer Kombination aus Einstiegsworkshops und Online-Modulen können Lehrer und Schüler individuell Themen erarbeiten.

Finanzminister erklärt

Auch die Regierung hat sich die Finanzbildung in ihr Programm geschrieben. Ein Finanzbildungsrat wurde dafür zu Jahresbeginn gebildet. Die Idee ist, dass wesentliche Lücken geschlossen werden, denn mehr als die Hälfte der Österreicher schätzt laut dem Finanzministerium ihr Finanzwissen als schlecht oder eher schlecht ein.

In Summe soll es gelingen, dass die Österreicher ein besseres Auskommen mit ihrem Einkommen finden. Zusätzlich wird dieser Ansatz aktuell freilich durch die hohen Kosten für Energie und der steigenden Inflation erschwert. Einen Überblick über die eigenen Finanzen zu schaffen und zu wissen, wohin man sich wendet, wenn man bei finanziellen Entscheidungen unsicher ist oder sich in einer schwierigen Situation befindet, ist aber ebenso wichtig.

"Junge Menschen müssen wissen, was die Ratenfinanzierung des Handys und der Besitz von Wertpapieren bedeutet", sagt Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm.

Jeden Freitag ein Thema

Als eine erste Maßnahme hat das Finanzministerium im September den Podcast Finance Friday gestartet. Jeden Freitag spricht Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) nun über aktuelle Themen rund um die Wirtschafts- und Finanzwelt. Die Beiträge sind bewusst kurz gehalten, damit sie schnell und nebenbei gehört werden können. Gestartet wurde mit der Inflation. Neben Wissen zu aktuellen Themen sollen die Hörer auch Einblick in die Aufgaben der Finanzverwaltung erhalten. (Bettina Pfluger, 15.9.2022)