Die Regierung wirft mit Geld um sich, als wäre dieses abgeschafft. Das ist erst einmal gut so. Diejenigen, die jetzt den Klimabonus auf ihr Konto bekommen, freuen sich, die meisten können dieses Geld auch gut brauchen. Die Strompreisbremse wird erst später spürbar werden, aber auch sie wird helfen, allen, auch jenen, die das gar nicht brauchen. Die Abschaffung der kalten Progression, an der alle Regierungen vor dieser gescheitert sind, ist jedenfalls ein großer Schritt, der den Steuerzahlern zumindest einen Ausgleich bringt. Gut ist, dass auch Sozialtransfers künftig automatisch angepasst werden.

Die Kosten für das tägliche Leben steigen spürbar.
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Viele Menschen leiden unter der Teuerung, die Kosten für das tägliche Leben steigen spürbar. Ob das die Preise für Lebensmittel oder Energie sind, da ist praktisch jeder betroffen. Das lässt sich nicht umgehen, da kann man auch nichts weglassen. Für Menschen, die wenig haben und einnehmen, kann das zur Existenzfrage werden, wenn etwa der Erhalt der Wohnung nicht mehr leistbar wird. Die Teuerung betrifft aber auch den Mittelstand, die Mehrausgaben sind zumindest unangenehm, für viele schon schmerzhaft. Auch Menschen mit Geldvermögen sind von der Inflation betroffen, sie werden die Teuerung im Alltag aber kaum wahrnehmen.

Die Regierung tut etwas, das kann man ihr nicht absprechen. Natürlich: Es könnte mehr sein. Besonders bei jenen, die finanziell prekär aufgestellt sind. Der Protest der Gewerkschaft, die am Wochenende unter dem Motto "Preise runter" zu Massendemonstrationen aufgerufen hat, ist aber nur zum Teil nachvollziehbar. Die Regierung ist nicht an allem schuld, sie kann auch nicht überall eingreifen.

Wohlwollen aller erkaufen

Es hat ohnedies fast den Anschein, als ob sich die Regierung das Wohlwollen aller erkaufen wollte. Es wird Geld ausgeschüttet, ohne hinzuschauen, wer es bekommt. Das wirft viele Fragen auf, die auch leidenschaftlich diskutiert werden und zu Verwerfungen führen, die ÖVP kann ein Lied davon singen. Ist es wirklich gerecht und sinnvoll, dass Gefängnisinsassen den Klimabonus erhalten? Verstorbene? Asylwerbende? Viel relevanter noch sollte die Frage sein: Warum bekommen auch Millionäre 500 Euro auf ihr Konto überwiesen? Und das sind in Österreich gar nicht so wenige.

Die Antwort ist so einfach wie unbefriedigend: Die Regierung will rasch helfen. Wenn das oberste Priorität ist, kann man nicht zwischen Einkommensgruppen differenzieren, dann nimmt man eben auch Asylwerbende und Millionäre mit – Letztere sind übrigens die deutlich größere Gruppe in Österreich.

Da Österreich ein Entwicklungsland ist, was den Umgang mit Daten betrifft, lassen sich die Energiedaten auch nicht auf Menschen herunterbrechen, daher wirkt die Strompreisbremse in allen Haushalten, auch jenen mit geheiztem Luxuspool und Gegenstromanlage.

Die schnelle Hilfe nehmen wir gerne in Anspruch, die mangelnde soziale Treffsicherheit ist teils schmerzlich, besonders dort, wo man merkt, dass der Gesetzgeber gehudelt hat. Und es muss gefragt werden: Wo kommt denn all dieses Geld her? Wie sollen diese Ausgaben finanziert werden?

Diese Regierung – oder die nächste – wird um die Frage nicht herumkommen, ob man das Geld nicht dort abholt, wo es zu haben ist: bei den großen Vermögen, bei den Gewinnen jener Unternehmen, die auch von dieser Krise profitiert haben. Das wäre dann auch gerecht. (Michael Völker, 17.9.2022)