Als russisches Gas vor zwei Jahrzehnten noch billig war und in Strömen floss, galten Gasspeicher als überschätzt. Jener in Haidach wurde damals von Gazprom ausgebaut.

Foto: Imago Images / Sven Simon

Wien – Langsam füllen sich die Erdgasspeicher. Zu 71,5 Prozent seien die Lager in Österreichs übergroßen Speichern inzwischen gefüllt, wird die Regierung nicht müde zu betonen. Wie viel davon für die privaten Haushalte zur Verfügung steht und wie viel für Energieerzeuger und Unternehmen, lässt sich so einfach nicht feststellen. Denn die mit der Lieferung beauftragten Händler können und müssen weder Mengen noch Auftraggeber nennen. Lediglich der Regulierungsbehörde E-Control muss dies auf Anfrage mitgeteilt werden.

Genau damit ist die E-Control laufend beschäftigt. Sie ermittelt dies quasi wie den täglichen Wasserstand. Daraus ergibt sich ein sehr diversifiziertes Bild. Denn als physisch gespeichert gilt das Erdgas erst dann, wenn es zum vereinbarten Stichtag tatsächlich geliefert wird. Je nach Terminkontrakt reifen die Lieferverträge ab.

Vier von zwanzig

Fest steht, dass von der strategischen Reserve, die die Republik Österreich im Volumen von 20 Terawattstunden (TWh) erstmals anlegt, bis dato vier TWh physisch eingelagert wurden. Das klingt nach wenig, ist aber nur bedingt aussagekräftig, weil eben besagte Lieferverträge mit Gashandelsunternehmen geschlossen wurden, die erst zum Stichtag gezählt werden können. Die dafür notwendigen Transportkapazitäten im Gasnetz hat sich die OMV gesichert. Sie bekommt dafür vom Staat die Maut bezahlt. Besteller ist die AGGM, der Marktgebietsmanager im heimischen Gasmarkt.

Grundsätzlich gilt: Das Gas gehört immer dem, der es kauft und einspeichern lässt. Dazu gehören auch Kunden aus Nachbarländern wie Deutschland, die etwa im Gasspeicher im oberösterreichischen Haidach im großen Stil einlagern.

Vorratshaltung

Eingelagert wird von nationalen und internationalen Gashändlern, darunter die OMV, die ihrerseits Strom- und Gasversorger, Industriekunden beliefern – oder das Erdgas wird zu gegebener Zeit auf dem österreichischen Marktplatz, also der "Gasbörse" verkauft.

Ein bedeutender Brocken des sohin geschaffenen, geheimnisumwitterten Vorrats entfällt auf Energieversorger, die Endverbraucher in Österreich mit Gas und Wärme versorgen. Denn Energieversorgungsunternehmen (EVU) sind verpflichtet, einen Vorrat für dreißig bis sechzig Tage anzulegen, um im Ernstfall, also einer Gasnotlage, bestimmte Zeit auszukommen, ohne, dass es im Winter kalt wird in Häusern, Wohnungen und öffentlichen Gebäuden.

Fall für die Notlage

Von den rund 90 Terawattstunden Jahresbedarf in Österreich waren diese Woche knapp 69 TWh oder knapp 72 Prozent eingespeichert. 21 TWh wurden beispielsweise von der RAG Austria, dem größten Energiespeicherunternehmen Österreichs, eingelagert, 23 TWh entfallen auf die OMV (als Händler) und elf auf Uniper, zählt man bei der OMV auf. Wem welcher Anteil am heißbegehrten Brennstoff im Detail gehört, bleibt, wie bereits erwähnt, ein Staatsgeheimnis – ebenso, wie viel Gas welchen Unternehmen im Fall einer Gasnotlage zugeteilt wird. Dann könnte Österreich theoretisch alle Speicheranlagen auf österreichischem Boden für sich beanspruchen. Das gilt im EU-Binnenmarkt allerdings als denkunmöglich, die bayerischen Nachbarn würden das wohl nicht widerspruchslos hinnehmen. Solidarität ist das Gebot der Stunde.

Zeit läuft

Viel Zeit, die Speicher voll zu bekommen, bleibt nicht mehr. Denn am 1. November beginnt die Heizsaison, und dann ist es vorbei mit Einspeichern. Dann kommt nicht mehr viel zum Speichern, sondern der Vorrat wird laufend verbraucht.

Dass aus Russland seit Wochen nur noch vergleichsweise wenig Gas kommt, sollte nicht unbedingt Anlass zur Sorge sein, denn nach Europa kommt auch Gas aus Norwegen, allenfalls auch aus Algerien (über Italien). Auch haben österreichische Firmen im Ausland eingespeichert, etwa in der Slowakei.

Die strategische Reserve werde im November in vollem Umfang eingespeichert sein, betont man im Energieministerium. (Luise Ungerboeck, 17.9.2022)