Der Machtwechsel in der Steiermark ist nun endgültig vollzogen. Christopher Drexler ist ÖVP-Obmann des Bundeslands.

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Graz – Nach der Funktion des Landeshauptmanns hat Christopher Drexler nun auch den Parteivorsitz der steirischen Volkspartei von seinem Vorgänger Hermann Schützenhöfer übernommen. Drexler erhielt am Landesparteitag 98 Prozent der Stimmen.

Insgesamt wurden 458 Stimmenzettel abgegeben, aber einer war ungültig. Drexler bedankte sich für die "große Portion an Vertrauen". Schützenhöfer hatte 2013 übrigens 93,3 Prozent und 2017 sogar 99,5 Prozent der Stimmen erhalten. Gleich sechs Stellvertreter wurden am Samstag ebenfalls gewählt: Viktoria Brandner, Andreas Herz, Karlheinz Kornhäusl, Marcus Martschitsch, Helene Silberschneider und Barbara Walch. Nach der Verkündung des Wahlergebnisses und den Dankesworten von Drexler tönten die steirische Landeshymne sowie STS mit "Steiermark" aus den Lautsprechern.

Zuvor wurde der neue Landeshauptmann beim Einzug mit minutenlangen stehenden Ovationen begrüßt.

"Nachfolger, den ich mir gewünscht habe"

Schützenhöfer brachte den Wahlvorschlag ans Rednerpult und scherzte zum Auftakt des Samstags: "Jetzt werde ich euch überraschen. Ich habe in der Nacht nachgedacht." Die Delegierten lächelten, wohlwissend, dass er Drexler vorschlagen wird. "Christopher ist der Nachfolger, den ich mir lange gewünscht habe." Für den Vorschlag hielt sich Schützenhöfer an seinen "inneren Kompass": "Was ist gut für das Land und die Menschen. Das kann für die Partei nicht schlecht sein." Der innere Kompass werde immer wichtiger, denn "Fahnen im Wind gibt es wie Sand am Meer."

Drexler sei die neue Generation, "aber er arbeitet schon seit 30 Jahren an meiner Seite. Er stärkt den Geist des Fortschritts, ist gut vorbereitet und hat ein Netzwerk auch in Wien", so Schützenhöfer. "Er wird mit euch das Land in eine gute Zukunft führen. Was er jetzt braucht, ist eure Unterstützung." Der Alt-LH appellierte an jede Delegierte und jeden Delegierten: "Übernehmt bei der Wahl Verantwortung und stärkt Christopher Drexler."

Danach war der designierte Neue am Wort und holte sich für zahlreiche prägnante Formulierungen Applaus und johlende Zustimmung. In seiner Rede vermied er allzu hochgestochene Fremdwörter, sondern gab sich betont in volksnaher Sprache. Der Bogen spannte sich von seinem Anruf als Jugendlicher mit dem Vierteltelefon der Eltern bei der ÖVP, um zu erfragen, wie alt man sein muss, um Mitglied zu werden, bis hin zu den Herausforderungen der Zeit wie Teuerung, Klimawandel und Migration.

Wut "gegen die da oben"

In den vergangenen zwei Monaten sei er als neuer LH im Land unterwegs gewesen und habe viel Wut bemerkt – "gegen die da oben". "Die da oben – das dürfen wir als steirische Volkspartei niemals sein", so Drexler. In Zeiten der Unsicherheit soll die ÖVP Orientierung geben und die zentralen Werte wie "Eigenverantwortung, Leistung und Sicherheit" hochhalten. "Denn es muss immer jemand vorangehen, um den Wohlstand zu erwirtschaften." Dafür erntete er viel Applaus.

Wollen zeigen, dass kein Blatt Papier zwischen sie passt: Der neue Chef der steirischen Volkspartei, Christopher Drexler, und Bundesparteiobmann Karl Nehammer.
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Leise Kritik gab es – in Anwesenheit von Kanzler Karl Nehammer – für die "fast jede Woche" geschnürten Pakete am Ballhausplatz. "Sobald sich die Situation normalisiert und die Märkte wieder ins Lot geraten, muss Schluss damit sein", so Drexler. "Wenn alles staatlich geregelt und gelöst wird, hintergehen wir die ganz große Mehrheit, die zu den Leistungsträgern gehört zugunsten einer Minderheit." Gerechtigkeit schaffe Zusammenhalt.

In vielen Wortmeldungen gab sich Drexler als Mutmacher: "Wenn man in der Politik Verantwortung übernehmen will – insbesondere Hauptverantwortung – dann muss man diese Herausforderungen annehmen. Ja, wir sind in eine schwierige Zeit gestellt, aber wir werden diese Krisen gemeinsam bewältigen." Die ÖVP und die Steiermark sollten die Zuversicht nicht verlieren.

Wenig übrig hat Drexler für die "um sich greifenden Verbannungs- und Verbotstendenzen" im Zusammenhang mit den Karl May-Romanen oder Rastalocken bei weißen Musikerinnen. Er selbst habe – damals über Omas Donaulandkatalog – sämtliche Karl May-Romane gelesen und die Filme gesehen. "Ich bin ein toleranter und aufgeklärter Mensch geworden und ich glaube das schafft jeder, der Karl May liest." Die Delegierten johlten.

Drexler will "Modell Steiermark"

Drexler, bekennender USA-Fan, wolle sich auch nicht von einem "russischen Despoten und seinem territorialen Größenwahn" den Westen schlecht reden lassen: "Wir haben die Aufklärung, Demokratie und Freiheit erfunden – Werte von ewiger Gültigkeit." In puncto Migration zeigte er sich hart: "Es darf nicht sein, dass sich jeder seinen Wunschhafen aussucht. Das hat nichts mehr mit einem funktionierenden Asylsystem zu tun."

In verbindenden Worten brachte er den Ballungsraum Graz und die ländlichen Regionen zusammen: "Es darf kein Ausspielen zwischen dem Ballungszentrum rund um Graz und den ländlichen Regionen geben. Die Steiermark darf kein Land von zwei Entwicklungsgeschwindigkeiten sein." Dafür bekam er besonders viel Applaus und lobte sogleich auch die Arbeit der vielen Bürgermeisterinnen und Bürgermeister. Den ÖVP-Untersuchungsausschuss nach der Volkspartei zu benennen sei ein "parlamentarischer Lausbubenstreich". Der "untragbare politische Stil des täglichen Schmutzkübels" müsse aufhören.

Er bat um die Unterstützung der Delegierten: "Ich bin auf euch angewiesen." Er kündigte an, das "Modell Steiermark" aus der Taufe zu heben: "Wir wollen mit Inhalten an die Spitze kommen – aber immer in Ruf- und Hörweite zu den Steirerinnen und Steirern." Er will den Erfolg von Hermann Schützenhöfer fortschreiben und er wolle bei der nächsten Landtagswahl 2024 wieder als "stärkste Kraft, als Nummer eins, hervorgehen."

Am Ende seiner Rede versuchte er noch einmal die Emotionen zu wecken und sprach vom "weiß-grünen Herz" der Parteifreunde: "Liebt. Kämpft. Gewinnt – mit euch – gemeinsam." Er schloss mit "einem herzhaften, einem kraftvollen, einem steirischen Glück auf" – ganz nach Vorbild Schützenhöfer. Es folgten sofort Standing Ovations. (APA, 17.9.2022)