Ersetzt neuerdings das Wort Impfung und vielleicht auch Spritzen-Emojis: Die Karotte.

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Das Coronavirus ist nur erfunden oder bloß ein harmloser Schnupfen, die Impfung bloß ein wirklungsloser Placebo oder gar giftig, wenn nicht sogar mit Mikrochips angereichert. An Verschwörungserzählungen zur Pandemie mangelte es in den vergangenen zwei Jahren wahrlich nicht. Nach dem Anlaufen der Impfkampagnen in vielen Ländern sah sich Facebook (auf Konzernebene mittlerweile in Meta umbenannt) dazu gezwungen, Falschbehauptungen über Impfungen zu bekämpfen.

Zur Erkennung potenziell problematischer Postings arbeitet Facebook auch mit Worterkennung. Und dürfte mittlerweile auch den Zusammenhang zwischen dem Spritzen-Emoji und Beiträgen über Impfungen erkannt haben. Daher zeichnet sich, berichtet Gizmodo, ein neuer "Trend" in der Szene der Leugner und radikalen Impfgegner ab.

Karottenspritze

Marc Owen Jones von der Hamad bin Khalifa University in Doha, wurde mit einem Forschungsprofil in eine Gruppe eingeladen, die seiner Schilderung nach mehrere hunderttausend Mitglieder hat. Und dort wird das Wort Impfung oder Impfstoff gar nicht mehr ausgeschrieben. An seine Stelle ist das Karotten-Emoji gerückt.

Und das dürfte so betrieben werden, um den automatischen Erkennungsmechanismen von Facebook zu entgehen. Dies legt zumindest ein Posting einer Person nahe, die einer der Moderatoren der Gruppe sein soll. Sie betont, wie wichtig es sei, die Kommentare in der Gruppe zu "codieren" und dass Karotten aktuell nicht von den "KI-Zensoren" erkannt würden.

"Ich finde die Voraussetzung, eine Karotte zu verwenden, ziemlich amüsant", schreibt Jones. "Sie erinnert an eine Spritze und irgendwie hat die Gruppe es geschafft, der Moderation bisher zu entgehen." Inwieweit dies an diesem Emoji liege, sei aber schwer zu sagen. Auch andere Begriffe, etwa "Covid-19" würden vermieden und selten kämen auch andere Emojis als Wortersatz zum Zug, etwa Shotgläser oder Cupcakes. Karotten hätten sich aber praktisch als "Standard" für "Impfung" durchgesetzt.

Desinformation zur Pandemie scheint abzunehmen

Laut einer Aussendung von August 2021 hatte Facebook zum damaligen Zeitpunkt über 20 Millionen Postings mit Desinformation zur Pandemie entfernt. Die hohe Zeit der Corona-Leugnung und der Impfungs-Fakenews dürfte aber vorbei sein, auch weil es vielerorts abseits punktueller Maskengebote kaum noch Vorgaben gibt. In den USA zeigen sich bereits Anfang 2021 ein knappes Drittel ursprünglich impfskeptischer Personen (keine expliziten Impfgegner) mittlerweile impfbereit, die Anzahl dürfte seither gestiegen sein.

Dazu hat sich auch der öffentliche Diskurs stark auf andere Themen verlagert, etwa den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine sowie die Energiekrise. Ein Teil der radikalen Impfgegner und Coronaleugner, insbesondere jene aus dem rechtsextremen Milieu, setzen mittlerweile ebenfalls stark auf diese Themen. Bei Meta selbst scheint man auch darüber nachzudenken, die Anstrengungen zu Covid-Desinformation zu reduzieren. Im vergangenen Juli fragte man beim eigenen Oversight Board an, ob es noch notwendig sein, hierfür erweiterte Moderationsanstrengungen zu betreiben. (gpi, 18.9.22)