Präsident Vučić hat Ende August eine Absage oder Verschiebung angekündigt. Der Organisatoren hielten aber an der Veranstaltung fest.

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Belgrad – Unter dem Missfallen von Regierung und Behörden ist am Samstag in Belgrad die Europride-Parade gefeiert worden. An die 1.000 Teilnehmende demonstrierten bei teils strömendem Regen für die Rechte von Homosexuellen, Lesben und anderen Angehörigen der LGBTIQ*-Community. Die Polizei schuf für die Parade einen abgesicherten Korridor entlang der Marschroute. Rechtsextreme und ultra-klerikale Gegendemonstranten, die in der Unterzahl waren, hielt sie auf diese Weise auf Distanz.

Allerdings kam es laut Premierministerin Ana Brnabic zu Zusammenstößen zwischen der Polizei und zwei rechten Gruppen, die versuchten, den Marsch zu stören. Dabei wurden 10 Polizeibeamte leicht verletzt, fünf Polizeifahrzeuge beschädigt und 64 Demonstranten verhaftet. "Ich bin sehr stolz darauf, dass es uns gelungen ist, ernstere Zwischenfälle zu vermeiden", sagte Brnabic, selbst homosexuell, gegenüber Reportern.

Ursprünglich hätte die Regenbogen-Parade durch die halbe Innenstadt ziehen sollen. Doch das Innenministerium wich von der Praxis der vergangenen Jahre ab und untersagte die Veranstaltung. Das serbische Verwaltungsgericht wies am Samstag eine Beschwerde der Veranstalter gegen den Innenministeriums-Bescheid ab.

Die Staatsanwaltschaft drohte den Teilnehmenden einer potenziell "illegalen Demonstration" mit drakonischen Geldstrafen. Die Veranstalter verständigten indes das Innenministerium über eine deutlich verkürzte Streckenführung. Die Behörde reagierte bis zum Beginn der Parade nicht darauf.

Pride-Paraden fanden in Belgrad seit 2014 ohne Zwischenfälle statt. In diesem Jahr hatte Belgrad als erste Stadt in Südosteuropa die Austragung einer Europride zuerkannt bekommen. Mehrere Europaabgeordnete und europäische Politikerinnen und Politiker nahmen daran teil.

Annäherung an Russland

Serbiens Präsident Aleksandar Vucic hatte Ende August die Absage oder Verschiebung der Pride in Aussicht gestellt. Der rechte Nationalist orientiert sich seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine stärker an Russland als zuvor. In diesem Sinne sucht er auch die Nähe zur ultra-konservativen und pro-russischen serbisch-orthodoxen Kirche. Rechtsextremisten und klerikale Kreise veranstalteten in den letzten Wochen in Belgrad sogenannte Prozessionen gegen die Pride.

Die englische Abkürzung LGBTIQ* steht für Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans-Menschen, queere sowie intergeschlechtliche Menschen. Das Sternchen ist Platzhalter für weitere Identitäten und Geschlechter. (APA, 17.9.2022)